SWR3 Gedanken

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In einer katalanischen Krippe gibt es neben Maria, Josef & Co eine ganz besondere Figur: Den sogenannten „Caganer“. Ein Hirte, der hinter einem Baum sein Geschäft verrichtet. Was für meine Augen fast schon geschmacklos wirkt, gehört in der Gegend um Barcelona ganz einfach dazu. Keine Krippe ohne den „Caganer“. „Caganer“ heißt übersetzt übrigens – pardon – „der Scheißer“.
Rund um die Kathedrale von Barcelona gibt´s den „Caganer“ in jedem Souvenirladen. Und zwar in allen Varianten: Ronaldinho, Angela Merkel, der Papst - alle als Krippenfigur mit heruntergelassener Hose. Aber der originale „Caganer“ ist mit der typischen katalanischen Bauerntracht bekleidet: Hemd, Hose, Schärpe und rote Mütze. Es gibt ihn schon seit dem 17. Jht. Und deshalb stört sich in Katalonien auch kein Mensch daran. Im Gegenteil: Für Kinder ist es ein besonderer Spaß, gerade diesen Hirten in einer Krippe zu entdecken.
Wie es der „Caganer“ in die Krippendarstellungen geschafft hat, das weiß niemand mehr so genau. Es wird vermutet, dass er ein Sinnbild für den Kreislauf der Natur ist. Er düngt die Erde und macht damit Hoffnung auf eine gute Ernte.
Nachdem ich zuerst auch meine Schwierigkeiten mit dieser Figur hatte, muss ich zugeben, dass mir der kleine Hirte mittlerweile ganz gut gefällt. Nicht etwa weil er ganz putzig aussieht, sondern weil er eigentlich Teil der Weihnachtsbotschaft ist: Gott ist Mensch geworden – und zwar voll und ganz. Jesus wird nicht in steriler, königlicher Umgebung geboren, sondern er trifft auf das pralle Leben. Ich finde, der „Caganer“ macht Gott noch ein Stück menschlicher.

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