SWR3 Gedanken

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In den Geschichten, in denen Jesus von Gott spricht, taucht oft das Bild vom Vater auf. Es ist ein Sinnbild. Auf anschauliche Weise will es verdeutli-chen, dass wir von Gottes Fürsorge leben. Menschen bitten – wie Kinder, und Gott gibt – nach seinem Ermessen. Diese Haltung hat oft Kritik her-ausgefordert: Gott darum zu bitten, dass etwas Bestimmtes geschehen möge, oder dass mir etwas Bestimmtes gegeben werde – das sei naiv, kindlich naiv. Beten sei deshalb nichts für Erwachsene, die es schließlich besser wissen.
Im „Vaterunser“-Gebet Jesu finden wir die merkwürdige Bitte: „Dein Wille geschehe.“ Und die ist alles andere als kindlich naiv. Es ist die Bitte eines erwachsenen und reifen Menschen.
Merkwürdig fand ich an dieser Bitte schon immer, dass ich doch Gott nicht ausdrücklich dazu auffordern muss, dafür zu sorgen, dass sein Wille ge-schieht. Deshalb glaube ich, es führt auf die falsche Fährte, das als Bitte im üblichen Sinn zu verstehen. „Dein Wille geschehe“ – das drückt keinen Wunsch aus, sondern eine Einsicht.
Wenn wir das Gebet nur als Mittel der Wunscherfüllung und Bedürfnisbe-friedigung ansehen, haben wir es missverstanden und nehmen es nicht ernst. Gott ist ja kein Automat: Oben Gebet rein – unten Erfüllung raus. Beten heißt eben nicht nur bitten, sondern es heißt auch, sich auf Gott ein-stimmen. Gerade weil wir im Gebet immer Bitten äußern, ist es wichtig, sich daran zu erinnern.
Natürlich hat im Gebet das Platz, was mich bewegt, und es kommt darin so vor, wie ich es sehe. Aber ich weiß und sehe ein, dass Gott eine Perspekti-ve hat, die über meinen beschränkten Horizont hinausgeht. Und darum sa-ge ich: „Dein Wille geschehe.“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=511
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