SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

29DEZ2008
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Der Ertrag war in diesem Jahr überdurchschnittlich gut. Eine wunderbare Nachricht für alle, die davon abhängig sind. Die Menschen sind darauf angewiesen, dass eine Ernte bald in Umlauf gebracht wird. Eine spärliche Ernte verteuert das Grundnahrungsmittel Brot, als Folge droht Hungersnot und Elend. Immer wieder gibt es jedoch Menschen, denen der eigene Profit näher am Herzen liegt als die Bedürftigkeit anderer, die eine Notsituation künstlich hervorrufen, um sich zu bereichern. So auch ein reicher Mann, der seine Ernte nicht in Umlauf bringen, sondern in neugebauten Scheuern horten will. Mit seinem Plan hat er schon den eigenen Profit gewählt und sich gegen seine Mitmenschen gestellt.
Auf dem Höhepunkt der Krise kann er dann zum Höchstpreis verkaufen.
Er könnte den Segen natürlich auch unter die Leute bringen und die Ernte verkaufen. Sicher wird der Kornpreis fallen, sein Profit etwas geringer ausfallen - dafür können sich manche Arme endlich einmal wieder richtig sattessen. Aber so kommt es nicht.
Was Gott geschenkt hat, überreich, damit alle satt werden, dem wird die Segenskraft genommen, ja gestohlen. Gerade der Reichtum der Ernte weckt die Habgier. Doch der Reiche stirbt an seiner Entscheidung. Er verhungert am Überfluß. Seine Habgier erwürgt ihn. Er erstickt an seiner Selbstbezogenheit.
Die Geschichte ist aktuell - und das seit Jahrtausenden. Wer sie nachlesen möchte: Sie steht im Lukasevangelium. Das Gleichnis erzählt eine tiefe Weisheit: Wer unter einer Glasglocke atmet, verbraucht irgendwann seinen Sauerstoff. Wenn von außen keine Frischluft kommt, verlöscht das Licht. Wer allein von sich lebt, zehrt sich auf. Am Ende sind alle tot - der Reiche genauso wie die, die dank seiner Habgier vergeblich auf Korn und Brot gewartet haben. Es stimmt nicht, dass Menschen auf Dauer ungestraft auf Kosten anderer leben können. Habgier lässt niemanden ungeschoren.
Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat. Jesus hat das gesagt, und es ist kein moralischer Zeigefinger, sondern eine dringende Warnung, das eigene Leben und das anderer nicht zu verschleudern.
Wir alle leben davon, dass sich andere Menschen uns zuwenden, für uns mit-sorgen, uns ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Und wir alle können nur dann das Leben achten und genießen, wenn andere Menschen nicht knickern und knausern mit dem, was sie uns schenken, sondern aus vollem Herzen geben, freundlich und zugewandt: Brot zum Leben, und auch die Liebe.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5104
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