SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Nichts ist selbstverständlich. Beten schon gar nicht. Nur Kinder beten ganz unbefangen. Doch irgendwann bleibt der kindliche Glaube an der Zimmer-decke hängen – und dann ist es in der Regel auch mit dem Beten vorbei.
Das Schwierigste am Gebet ist, dass wir uns oft nicht ganz sicher sind, wem unser Gebet eigentlich gilt. Zu wem sollen oder können wir denn be-ten? Gibt es da jemanden, der uns hört?
Vor 2000 Jahren hat Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern gezeigt, wie man beten kann. Sie hatten es offenbar nötig. So wie wir heute. Mit dem „Vaterunser“ hat Jesus so etwas wie eine kleine „Schule des Betens“ vorge-legt. Seine erste Bitte nimmt die Frage auf, wer uns beim Beten eigentlich zuhört.
„Geheiligt werde dein Name!“ – heißt es da. Beten ist nichts Anonymes. Es hat eine Richtung. Und es richtet sich nicht an einen unbekannten Gott, sondern an ein ansprechbares Gegenüber. Jesus hat deutlich gemacht, dass der Name Gottes, zu dem wir beten können, „Vater“ ist. Daher auch die Anrede „Vater unser“. In den Bildern und Geschichten, in denen Jesus von Gott gesprochen hat, erscheint Gott nicht als unberechenbarer Herr-scher oder als launischer Tyrann, sondern als Vater.
Ich weiß: das Bild vom Vatergott bringt auch Probleme mit sich. Es ist ein Bild – und darum hat es starke und schwache Seiten. Der Vatergott kann mit menschlichen Vätern verwechselt werden – das ist die schwache Seite. Die starke Seite aber ist die Vertrautheit und Nähe, die das Bild vom Vater ausspricht. Mag sein, dass wir heute ein anderes Bild brauchen, in dem wir diese Nähe Gottes entdecken. Vielleicht das Bild von der Mutter. Das ist für mich nicht vorrangig. Wichtiger ist die Bedeutung der ersten Bitte des „Va-terunsers“: „Geheiligt werde dein Name, Gott, mit dem du dich uns zeigst als der oder die, die uns zuhört.“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=509
weiterlesen...