SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Wie soll ich dich empfangen? Und wie begegn’ ich dir?“ Wer so fragt, erwartet jemand Besonderen. Eine 08-15 Bekanntschaft löst solche Fragen nicht aus. So fragt man, wenn ein ganz besonderer Gast erwartet wird.
In Erwartung eines solchen Besuchs wird alles ein wenig zu Recht gerückt und schön gemacht. Die Wohnung wird aufgeräumt. Auch man selbst will doch möglichst aufgeräumt dastehen. Man bereitet sich vor auf das angenehme Ereignis. Innerlich und äußerlich.
Und so zieht, allein schon durch die Ankündigung des Besuchs, ein bisschen Festlichkeit in den Alltag ein. Denn der, der da kommt, ist, wie gesagt, ein besonderer Gast. Paul Gerhardt, der das Lied „Wie soll ich dich empfangen“ geschrieben hat, weiß, dass er dem Angekündigten eine Menge zu verdanken hat:
„Ich lag in schweren Banden, Du kommst und machst mich los. Ich stand in Spott und Schanden, du kommst und machst mich groß. Und hebst mich hoch zu Ehren, und schenkst mir großes Gut, das lässt sich nicht verzehren, wie irdisch Reichtum tut.“
Der Gast scheint uns gut zu kennen. Die oftmals vergeblichen Versuche, etwas darstellen zu wollen. Den Kampf um Anerkennung und Würdigung. Die Mühe, sich selbst groß machen zu wollen.
Brauchst Du alles gar nicht, sagt der Gast. Ich mache das für dich. Ich mache dich groß. Ich bringe dich zu Ehren. Ich schenke dir einen Reichtum, der nicht vermodert, sondern unverlierbar ist.
Und so hält Festlichkeit Einzug bei mir. Der Glanz des Kommenden fällt auf mein Leben. Jemand steht vor der Tür, der einzieht in meine Traurigkeiten. „Als mir das Reich genommen, da Fried und Freude lacht, bist du, mein Heil, gekommen, und hast mich froh gemacht.“
Irgendwann, als ich feststellte, dass mein Leben unter meinen Händen zerbröselt wie mürber Kuchenteig, da hast du dich angekündigt. Zeigtest du dich ernsthaft interessiert an mir.
Und also frage ich jetzt: wie soll ich dich empfangen? Angesichts deines Besuchs kann doch nicht alles beim Alten bleiben. Da zünde ich doch wenigstens eine, bes-ser zwei, drei, vier Kerzen an. Und bald die Lichter eines ganzen Weihnachtsbaums.
Und dann gehe ich dir entgegen, Schritt für Schritt, hole dich ab, wenn du kommst, und lasse dich zu mir herein. Sei willkommen, lieber Gast, sage ich dir, sei willkommen unter meinem Dach!
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