SWR2 Wort zum Tag

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Ein Weihnachtsbrief hat mich in diesem Jahr sehr beeindruckt, der von Christine. Christine gehört zu den Kleinen Schwestern vom Evangelium. Diese Ordensgemeinschaft fühlt sich zu den Armen und an den Rand Gedrängten gerufen. Sie leben und arbeiten mit Flüchtlingen und Gefängnisinsassen, mit Indios in den Anden, Pygmäen im Urwald von Kamerun und den Menschen in den Vorstädten von Paris und Mulhouse. Ihr Prinzip ist es, das Leben so gut wie möglich mit den Menschen um sie herum zu teilen. Ein Mitglied des Männerzweiges, ein „kleiner Bruder“, hat das Leben seiner Gemeinschaft mal so beschrieben: „Unser Stadtviertel ist unser Kloster, und die belebten Straßenkreuzungen sind unser Kreuzgang. Unsere Klosterwerkstätten sind die Fabriken, und unsere Gebetszeiten werden von der Stechuhr diktiert. Unsere Fürbitten stehen in der Zeitung. Die Probleme der Nachbarn hören wir als Tischlesung, und ihre Lebensgeschichten sind unsere Bibliothek. Die Gesichter der Menschen sind die Ikonen, die wir verehren, und im leidgezeichneten Antlitz eines jeden und einer jeden schauen wir auf den Gekreuzigten.“(Andreas Knapp)
Das Leben der Kleinen Schwestern ist eine ziemlich extreme christliche Lebensform. Christine sagt selbst, dass es nicht einfach ist, der Rückhalt der Gemeinschaft sei aber eine große Hilfe. Andererseits kommt ihr unser Leben auch nicht so leicht vor, wo viele mehr oder weniger allein ein christliches Leben in der Gesellschaft versuchen.
Ich finde es gut, wenn immer wieder Menschen da sind, die mich durch ihren Lebensstil daran erinnern, nicht alles mitzumachen und hin und wieder gegen den Strom zu schwimmen.
Und es ist beruhigend, wenn diese Menschen sagen, dass es ihnen auch nicht in den Schoß fällt. Christine musste lernen, loszulassen und fühlt sich nun reich beschenkt. Sie schreibt in ihrem Brief: „Man muss arm werden, leer werden, um sich von den Armen empfangen zu lassen, um von ihnen zu lernen, von ihnen beschenkt zu werden, um ihnen irgendwann Schwester auf dem Lebensweg werden zu dürfen.“ Oft dachte sie dabei an die Menschwerdung Gottes: wie er, der reich war, der Gott war, Mensch geworden ist, in einem Stall, in einer einfachen Familie – aus Liebe zu uns Menschen. Und oft betete sie darum, von dieser Liebe immer mehr verwandelt zu werden, um Jesus auf diesem Weg der Menschwerdung zu folgen. Gott ist eben nicht nur in dem kleinen Kind Mensch geworden, das wir vor wenigen Wochen gefeiert haben, wir können ihm überall begegnen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=505
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