SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Die Terroranschläge in Bombay oder Mumbai bewegen mich. Auch heute noch – zwei Wochen später. Einmal, weil ich immer noch nicht verstehen kann, was Terror Sinnvolles bewirken soll. Ich bin sicher: aus hundertfachem Tod kann nichts Gutes entstehen. Gewaltsamer Tod ist nicht nötig, damit sich etwas ändert. Dann bewegen mich die etwa zweihundert toten Menschen, die hunderte Verletzen: Sie wurden von Terroristen um die Chance gebracht, ihr Leben zu leben – und vielleicht selbst die Welt zu verändern. Und schließlich beschäftigt mich der Terror, weil er in so großem Kontrast zur Adventszeit steht.
Advent, damit verbinde ich die Hoffnung auf eine Welt, die anders, die neu sein kann. Eine Welt, in der sich eben nicht der Terror durchsetzt, sondern Frieden und Gerechtigkeit. Ich weiß, es klingt schon etwas abgedroschen, von Frieden und Gerechtigkeit zu sprechen. Vielleicht auch naiv. Aber die Adventszeit und Weihnachten liefern dafür eine Vorlage, an der niemand vorbei kann.
Damals, beim ersten Advent vor über 2000 Jahren, als die Menschen sehnsüchtig einen Retter, einen Messias erwartet haben, da gab es auch welche, die auf einen gewalttätigen Heiland setzten. Einen, der mit den Römern kurzen Prozess macht, der alle Verhältnisse umkehrt und den Unterdrückten mit dem Schwert zu ihrem Recht verhilft. Aber alle diese Hoffnungen werden in der Weihnachtsgeschichte enttäuscht. Da kommt nämlich kein Untergrundkämpfer auf die Welt, wird eben kein Terrorist geboren, sondern ein Kind. Ein Kind, das ist der schwächste Mensch, der gedacht werden kann. Denn das Kind ist total abhängig von anderen: von ihrer Fürsorge, ihrer Zuwendung, ihrer Liebe. Und dieses Kind, das erzählen alle Weihnachtsgeschichten, bringt den Frieden. Nicht die waffenstarrenden Kämpfer bringen Frieden, sondern ein ohnmächtiges Kind.
Mich reizt diese Adventshoffnung zum Widerspruch. Was richtet schon ein Kind gegen Terroristen aus, die von Sinnen sind? Nichts. Aber das ist vielleicht genau die Idee der Adventszeit. Sich dafür einzusetzen, dass ein Kind zählt – und nicht die Gewalt, dass die Ohnmacht zählt – und nicht der Kampf. https://www.kirche-im-swr.de/?m=5043
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