SWR2 Wort zum Tag

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„Tröstet, tröstet mein Volk!“ Stark sind die Worte, mit denen der zweite Teil des Prophetenbuchs Jesaja beginnt (Jes 40,1).Ein unbekannter Mann hat es verfasst. Sein Volk, Israel, war verschleppt worden und musste im Exil leben. Er will es jetzt vor der Verzweiflung bewahren und ihm Hoffnung machen. Das „Trostbuch“ nennt man deshalb diese biblischen Texte. Im Advent wird häufig daraus gelesen. Worin besteht die ermutigende Botschaft? „Durch die Wüste bahnt einen Weg für den Herrn! Baut in der Steppe eine Straße für unseren Gott! Jedes Tal soll sich heben, jeder Berg und Hügel sich senken. Das Krumme soll gerade werden, und die Höhen sollen zur Ebene werden“ , so lesen wir (VV 3-4).
Die Situation des Volkes Israel, das im 6. Jahrhundert vor Christus nach Babylonien verschleppt worden war, ist nicht mit der unseren vergleichbar. Aber die prophetischen Bilder sind auch heute noch stark. Der Trost, die Hilfe, auf die die Menschen damals wie heute sehnlich warten – bestehen sie nicht darin, dass die Hindernisse beseitigt werden und dass wir einen Weg in die Zukunft, einen Sinn sehen? Wir sind ein Leben lang unterwegs, das klingt harmlos-romantisch und ist doch dramatisch. Es bedeutet, dass wir immer im Aufbruch sind, unsicher und ungeborgen. Wir wissen nicht, wohin die Reise geht. Und vor allem versperren Hindernisse und Widrigkeiten den Weg und verstellen die Sicht auf das Ziel. Das kann heißen: Zweifel an unseren Zukunftschancen, mangelnde Zuversicht in die eigenen Fähigkeiten, das Scheitern von Beziehungen, Sorge, was aus den Kindern wird. Klimawandel und Finanzkrise lehren uns das Fürchten, aber auch die anhaltende Gewalt überall auf der Welt. Und wir wissen um die Endlichkeit des eigenen Lebens und suchen nach einem Sinn. Wo sehen wir einen Weg? Manche sind sich des Misserfolgs sicher. Aber ohne Hoffnung können wir nicht leben, sondern wir zerbrechen und verzweifeln. Wir wollen hoffen und können hoffen. Aber es wäre auch vermessen das Gelingen des Wegs siegessicher vorwegzunehmen. Es liegt nicht in unserer Macht.
In dem biblischen Text steht: „Gott der Herr kommt mit Kraft, und sein Arm greift ein.“ (V 10) Wir sollen Neues wagen, Schwierigkeiten überwinden, aus Niederlagen aufstehen – immer wieder neu. Ich darf hoffen. Ich soll aber auch wissen: Wir scheitern, wenn wir uns selbst erlösen wollen. Hoffnung ist keine Illusion, doch sie zu erfüllen liegt bei Gott. Und wir dürfen ihm vertrauen. So verstehe ich Advent. https://www.kirche-im-swr.de/?m=5001
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