Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Sein zu wollen wie Gott, das ist unsere größte Versuchung. Sein zu wollen wie Gott Das heißt: Über andere Richter sein, über sie verfügen und sie beherrschen, sich selbst erlösen.
Täglich begegnet uns diese Versuchung, und sie begegnet im Spiel.
Und das Spiel ist „saubillig!“ und verspricht „sauviel Spaß!“… Jugendliche und Kinder wissen am besten, worum es dabei geht: „Ich bin doch nicht blöd.“ Es geht um Waffen, und die Spiele wollen die jungen Menschen verführen: sie sollen Scharfschützen werden, Soldaten, Killer. Ja, natürlich: Nur im Spiel.
Und führe uns nicht in Versuchung, heißt es im Vater Unser.
Vor ein paar Wochen hat das Spiel Opfer gefordert: Ein 18jähriger Schüler aus dem westfälischen Emsdetten kündigt im Internet einen Amoklauf an. Er schleppt schweres Waffengerät in seine Schule und schießt um sich. Nach dem Amoklauf bringt sich der Schütze um. Game over. Eine Szene wie in den Ballerspielen, die er so geliebt hat.
Sein zu wollen wie Gott – andere richten, über das Leben Herr sein. Ich frage mich, wie es dazu kommt, dass ein solches „Spiel“ Wirklichkeit wird. Wie es die Welt der Phantasie, der Netze, der Computer und Kopfhörer verlässt und grausame Realität wird.
Wenn es in der Schule schon seit Jahren schief läuft, wenn die Eltern nur mit sich selber beschäftigt sind oder nicht da, wenn Freunde fehlen, gute Freunde, und wenn ich keine Aussicht habe, in diesem Leben meinen Platz zu finden, Ausbildung, Arbeit, Hoffnung, Sinn... Dann bin ich sehr alleine, sehr verletzbar und dann wünsche ich mir, dass meine Kraft riesig wird, und ich wünsche mir, dass ich alle strafen kann, alle, die mich in meinem Leben so übel behandelt haben. Klein, gekränkt, hilflos, ohnmächtig bin ich…, und führe uns nicht in Versuchung,
Aber es geht doch weiter im Vater Unser, Gott sei Dank: sondern erlöse uns von dem Bösen, heißt es da.
Zuwendung, Beziehung, Achtsamkeit erlösen von diesem Drang, sein zu wollen wie Gott. Wir wissen es. Wer sich geborgen fühlt, der muss nicht als Scharfschütze durch die Welt laufen und auch nicht als Rächer.
Deshalb ist das Beste, was wir unseren Kindern sagen können und den Jugendlichen: Ich bin bei dir, ich liebe dich, ich passe auf dich auf.
„Erlöse uns von dem Bösen“- ich würde so weiter beten:
Du, Gott, sei unser Vater und Beschützer. Gib uns einen Platz, wo wir uns sicher und geborgen fühlen. Wo wir klein sein können, ohne uns zu schämen, wo wir einander annehmen in unserer Schwäche, ohne Angst zu haben. Schenke uns Heimat bei dir und voreianander. Dass wir dazu gehören. Amen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=499
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