SWR2 Wort zum Tag

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Kann Hoffen helfen? Man kann ohne Hoffnung nicht leben! Aber wie kann sie helfen –
z. B. in Krisenzeiten? Wenn Menschen von Sorgen und Zukunftsangst geplagt sind? Wenn sie fürchten zu verlieren, was sie haben – ihr Geld, die Arbeit, die Versorgung im Alter? Und wenn ihre Befürchtungen begründet sind?

Die Finanzmarktkrise gibt der Angst vor der Zukunft reiche Nahrung. Ihre Folge ist ein Konjunktureinbruch auch in Deutschland. Der Abschwung trifft vor allem Industriezweige, die vom Export abhängig sind. Und schon entstand die Befürchtung, dass der Arbeitsmarkt zeitverzögert reagieren wird und Arbeitsplätze verloren gehen werden. Es ist selbstverständlich, dass Menschen sich Sorgen machen, auch ihr Geld zusammenhalten und nach Möglichkeit Vorsorge für die Zukunft treffen wollen. Es erscheint realistisch.

Aber mir scheint, dass diesem Realismus doch etwas fehlt. Was da nicht ausreicht, kann man sich klar machen, wenn man an die Wirkung von Prognosen auf Menschen und Märkte denkt. Da werden Gewinnwarnungen ausgegeben, und schon sinken die Aktienkurse, nach der Auskunft der Fachleute manchmal tiefer als ihr realer Wert. Da zerstören Krisenmeldungen Vertrauen, und Politiker versuchen durch Worte und Maßnahmen Vertrauen wieder zu gewinnen, Vertrauen auch in das Funktionieren der Märkte, weil sie wissen, dass Angst und Hoffnungslosigkeit auf das Zusammenleben und eben auch auf Wirtschaft und Wohlstand verheerende Wirkungen haben.

Hoffen dagegen kann helfen. Hoffnung hat im Zusammenleben Bindekraft. Sie steckt an. Sie widersetzt sich der Zukunftsangst. Sie ist, wie Ernst Bloch sagt, ins Gelingen verliebt statt ins Scheitern und setzt darum auf die Kraft der Vernunft und die Möglichkeit vernünftiger Lösungen. Aber natürlich braucht sie Gründe. Die sind nicht für alle Menschen gleich. Für Christen liegt der tragfähigste Grund in Jesu Aufforderung: Sorget nicht, in der Gewissheit, dass man sich mit allem, was belastet, Gott anvertrauen kann. Christen wissen, dass es vor der Sorge um die Bedürfnisse des täglichen Lebens, so wichtig diese sind, noch eine andere „Sorge“ gibt, nämlich danach zu trachten, beim Vertrauen auf Gott und darum auch bei der Hoffnung zu bleiben. Diese „Sorge“ macht frei, frei auch für den Blick auf Menschen, die noch ganz andere Krisen als man selbst durchzustehen haben. Schon dieser Blick kann helfen, in Krisen nicht unverhältnismäßig zu reagieren. Sie macht frei, Korrekturen einzufordern, mit Wegen aus der Krise fest zu rechnen und persönlich in der Kraft der Hoffnung zu leben und zu handeln.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=4983
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