SWR3 Gedanken

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Böse sieht er aus: Schwarz-braune Kutte, hageres, finsteres Gesicht, die Rute in der Hand. Bedrohlich. „Seid ihr Kinder denn auch immer brav und fromm gewesen?“ Seine Stimme klingt rau und erbarmungslos – er weiß, was wir das Jahr über getan haben. Und das verheißt nichts Gutes...

Knecht Ruprecht heißt er, im Elsass auch Hans Trapp oder einfach nur „der Knecht Niko-laus’“. Während der heilige Nikolaus gute Gaben verteilt, die Socken, Schuhe oder Teller, die die Kinder rausgestellt haben, mit Nüssen, Mandarinen und Schokolade füllt, während der Nikolaus also der Gute ist – kommt Knecht Ruprecht in eine braun-schwarze Kutte gehüllt mit seiner Rute drohend in der Hand... auch er hat einen Sack auf dem Rücken, gefüllt mit Geschenken – aber die muss man sich erst mal verdienen: „Seid ihr Kinder brav und fromm gewesen?!“

Heutzutage ist vielen diese Gestalt mit der Rute suspekt: Neben einem gütigen und wohlmeinenden Nikolaus ist kein Platz für einen strengen, strafenden Knecht.
Die Tradition um den Knecht Ruprecht gerät immer mehr in Vergessenheit.
Die Kindern werden zwar noch hin und wieder gefragt, ob sie denn auch brav gewesen sein, aber mit einem selbstverständlichen: „Jaa!“ ist das schnell abgetan und man geht zu den Süßigkeiten über.
Und doch habe ich manchmal das Gefühl: Einmal im Jahr ist es nicht schlecht, sich diese Frage zu stellen, auch wenn man schon längst erwachsen ist: „Und bist du denn auch immer brav und fromm gewesen?“

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