SWR3 Worte

SWR3 Worte

Worauf wartest Du hier am Tor?“ fragte der Prophet den Wachposten. „Auf den Feind!“, entgegnete dieser. „Man muss jede Stunde auf ihn gefasst sein. Vielleicht sammelt er gerade seine Mannschaften, irgendwo hinter den Bergen. Vielleicht denkt er sich in diesem Augenblick eine Kriegslist aus, um uns zu überfallen, wenn wir nicht wachsam sind. Sei es am Feiertag oder in der Nacht. Wenn ich die Schilde des Feindes blinken sehe in der Ferne oder das Lärmen der Waffen höre von den Bergen her, dann muss ich schreien, bis die ganze Stadt gerüstet ist, den Feind zu empfangen.“

Der Prophet schwieg und schaute lange vor sich hin. Denn sagte er: „Die Stadt ist gerüstet, den Feind zu empfangen, mag sein. Aber ist sie auch gerüstet, einen Freund zu empfangen? Einen Retter und Helfer, der nicht gegen die Mauern anrennen will, um die Stadt zu stürmen; und der uns nicht Krieg bringt, sondern Frieden? Ist die Stadt auch gerüstet für einen Freund?

Aus: Lübking, Törner: Beim Wort genommen, Gütersloher Verlagshaus 2002https://www.kirche-im-swr.de/?m=4958
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