SWR2 Wort zum Tag

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Gott sieht alles. Doch wie schaut Gott auf diese Welt? Nach den Erfahrungen, die mir in den Schriften der Bibel begegnen, gibt es mehr als eine Antwort. Mal so, Mal so. Mal schaut Gott voll Bewunderung auf seine Geschöpfe, mal blickt er zornig auf ihre Untaten, mal mit einem verliebten Blick - wie ein Mann, der eine Frau begehrt. So im Buch Hesekiel, wo es heißt: „Ich ... sah dich an, und siehe, es war die Zeit, um dich zu werben.“ (Hes 16,8). Ganz gleich, wie Gott auf diese Welt schaut – ob verliebt oder zornig - sein Blick ist in jedem Fall eine Zuwendung zu seinen Geschöpfen. Gott verliert seine Schöpfung nicht aus den Augen.

Was aber, wenn Gott zum regungslosen Zuschauer wird?
Darüber klagt der Prophet Habakuk bitter:
„Warum siehst du ... den Räubern zu und schweigst ...? 14 Warum lässt du zu, dass Menschen behandelt werden, als wären sie Fische, .., 15 Mit Angeln holen sie alle heraus und schleppen sie mit Netzen davon. Wie Fischer über ihren Fang, so jubeln sie über ihre Menschenbeute.“

Schaut Gott wirklich teilnahmslos zu, wie Räuber ganze Völker wie Fische fangen - ausplündern und auspressen?

Bitter – ganz bitter wäre das – die Höchststrafe für Mensch und alle Kreatur. Das hält der Prophet im Kopf nicht aus. Und ich auch nicht. Das kann dem Gott des Lebens nicht egal sein – dass Menschen für Geld Völker und Länder verwüsten. Das kann nicht wahr sein!

Und ist es auch nicht. Gott schaut nicht weg – er schaut hin – er sühnt das Unrecht. Es sieht vielleicht eine Zeit so aus, als ob ER regungslos und teilnahmslos vor sich hin starrt – als wäre er bloß Zuschauer. Aber mitnichten. Gott verliert die Elenden nicht aus den Augen.

Dafür bürgt eine Frau der Bibel. Hagar, eine Flüchtlingsfrau, die vor ihrer Gebieterin in die Wüste floh – schwanger und mittellos. Ihr Elend – heißt es – hat Gott erhört. Was Hagar bei einer Wasserquelle in der Wüste widerfährt – nämlich Beachtung und Zuwendung von Gott - das erlebt sie so: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ (1.Mose 16,13)
Von Gott gesehen werden – das ist für Hagar wie - angesehen sein bei Gott.

Gott schaut nicht weg! Gott sieht mich! Dieser Blick Gottes ist es – der Menschen tröstet. Darum wissen – wenn mir Unrecht widerfährt, wenn ich Schmerzen durchstehen muss, die ich kaum aushalten kann – der, der mich geschaffen hat – der mein Leben in seinen Händen geborgen hält – dem bin ich nicht egal - der guckt nicht weg, - der fühlt mit mir – und sieht mich an – so wie ich bin – in meiner Schwäche – und in meinem Glück.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=4952
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