SWR3 Gedanken

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In Nigeria kamen vor ein paar Wochen hunderte Menschen ums Leben. Eine Pipeline in der Nähe von Lagos explodierte als Öldiebe die Leitung anzapften.
Das war meine Schuld. Ernsthaft, denn wenn ich die Reihe der möglichen Schuldigen durchgehe, lande ich automatisch bei mir:
Fangen wir mit den Dieben an, die die Pipeline anzapften. Eigentlich müßten sie schuld haben. Sie stehlen, um sich an dem Öl zu bereichern. Aber warum? Weil sie arm sind. Weil ihre Familien nichts zu essen haben. Und weil sie vom Ölreichtum ihres Landes nichts abbekommen. Sie holen sich also nur, was ihnen eigentlich zusteht.
Also müßte die Regierung schuld sein. 2 % der Bevölkerung kassiert schließlich den ganzen Ölreichtum für sich. Nigeria ist ein korruptes Land. Aber diese Regierung wird von der internationalen Gemeinschaft als Regierung akzeptiert. In Nigeria marschieren keine UN-Truppen ein. Der nigerianische Präsident hat ausserdem den Ölfirmen den schwarzen Peter zugeschoben. Sie sollen eben die Leitungen besser schützen.
Kommen wir also zu den Ölfirmen – Die kümmern sich ja wohl nicht genug um die Menschen im Land oder darum was denen passiert.
Nein, steht auf der Homepage, eines der Konzerne, die in Nigeria aktiv sind: „Unser Konzern hat in Nigeria allein 2005 32 Millionen Dollar für Entwicklunshilfeprojekte ausgegeben.“ Der Konzern ist sich seiner Verantwortung für das Land bewußt. Aber man müsse auch sehen, dass der Verbraucher billiges Öl will.
Bleibt als Schuldiger nur noch einer übrig: Ich. Ich muß schuld sein. Denn ich tanke Benzin. Und das will ich möglichst billig tanken. Also vielleicht auch Benzin aus Nigeria. Und ich merke: Die Welt ist so miteinander verwoben, dass jeder immer ein bißchen Schuld trägt – auch wenn er die gerne auf andere abschiebt. In gewisser Weise sprengt mein Verhalten in Nigeria Leitungen. Wie wäre es, wenn sich jeder seinen Teil Schuld eingestehen würde? Vielleicht der erste Schritt, damit sich etwas verändert.

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