SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Als Autofahrer kennen sie vielleicht das Gefühl, das sich einstellt, wenn in einer Autobahnbaustelle plötzlich die weißen Streifen wegfallen und für einige hundert Meter nur der frische schwarze Asphalt vor einem liegt. Ich jedenfalls nehme dann instinktiv den Fuß ein Stück vom Gas, weil mir urplötzlich die gewohnte Orientierung fehlt.
Mit den Heiligen, die die Kirche verehrt, ist das ein wenig so wie mit den weißen Streifen auf der Autobahn. Auch in meinem Glauben brauche ich nämlich immer wieder Orientierung, brauche Menschen, die mir zeigen oder vorleben, wie das gehen kann: den Glauben leben. Die Heiligen waren solche Menschen. Menschen wie sie und ich, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Soldaten und zupackende Sozialreformer waren ebenso darunter wie fromme Ordensleute und vergeistigte Intellektuelle. Manche von ihnen bewundere ich noch heute zutiefst, während andere mir fremd bleiben. Allen aber ist eines gemeinsam: Sie alle hatten auf ihre je eigene Art und Weise eine tiefe Beziehung zu Gott gefunden, die am Ende ihr ganzes Leben prägte. Sie alle hatten durch ihr Leben weit über ihre Zeit hinausgestrahlt, so dass manche von ihnen bis heute noch Wegweiser für Gott-Suchende sein können.
Heute, am Fest Allerheiligen, denkt die Kirche an all jene Menschen, die für andere zu solchen Wegweisern auf Gott hin geworden sind. Das können neben den großen Heiligen der Vergangenheit auch Menschen sein, um deren Glauben niemand weiß als Gott, wie es in einem Gebet heißt. Menschen eben wie sie und ich, die für andere zu Vorbildern im Glauben geworden sind.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=4756
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