SWR3 Gedanken

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Aus Nichts etwas zu schaffen war eine Gabe, die bisher allein Gott zugeschrieben wurde. Anfang des Jahres 2005 aber gab Josef Ackermann, Chef der größten deutschen Bank, die Devise aus, von nun an seien 25 Prozent Rendite das Maß aller Dinge. Nach normalen ökonomischen Maßstäben war das schon damals absurd. Doch zumindest in dieser Branche ließ sich Reichtum plötzlich aus dem scheinbaren Nichts heraus vermehren. Die Herren des ganz großen Geldes waren Gott offenbar ein Stück näher gerückt. Kein Wunder also, dass manche Vertreter der Branche den Kontakt zu dieser Welt schon ein wenig verloren hatten.
Der Traum, das ganz große Rad zu drehen und ein bisschen wie Gott zu sein, ist freilich keine Spezialität der Investmentbanker. Er ist offenbar so alt wie die Menschheit. Schon auf den ersten Seiten der Bibel wird bildhaft davon erzählt, wie bereits die ersten Menschen genau das versuchten: Zu sein wie Gott. Ein Umschreibung für Größenwahn und immer grenzenlosere Gier. Gut gegangen ist das freilich nie, selbst wenn der Coup zunächst gelungen schien. In der Bildersprache der Bibel endet der Versuch jedenfalls im Desaster. Die Menschen werden aus dem Paradies vertrieben, dem Sinnbild für ein Leben in Glück und Sorglosigkeit.
Den Traum, es mit Gott aufzunehmen, wird die Menschheit dennoch nicht aufgeben. Ohne den Versuch, immer wieder nach den Sternen zu greifen, gäbe es schließlich wohl keinen Fortschritt. Nur die Bodenhaftung sollte man dabei tunlichst nicht verlieren, damit am Ende nicht wieder eine Vertreibung aus dem selbst geschaffenen Paradies droht.



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