SWR3 Gedanken

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Ein kurzes, in der Angst hervorgestoßenes Gebet nennt man auch ein Stoßgebet. Wie viele Banker oder Börsenhändler in den letzten Wochen tatsächlich Stoßgebete für was auch immer zum Himmel geschickt haben bleibt deren Geheimnis. Eine interessante Idee hatte jedenfalls jener Frankfurter Pfarrer, der in seiner Kirche nahe den großen Bankentürmen einen Krug aufstellte. Menschen aus dem Bankenviertel, die mit ihren akuten Sorgen und Nöten die Kirche besuchen, können dort nun einen kleinen Zettel mit ihren Anliegen einwerfen, die dann ins Gebet der Gemeinde aufgenommen werden.
Rund 50 Zettel seien bereits im Krug gelandet, berichtete der Pfarrer vor kurzem in einem Radiointerview. Die unterschiedlichsten Anliegen hätten sich darauf befunden. Das Eingeständnis einer persönlichen Mitschuld an der Misere sei allerdings nicht dabei gewesen. Es klang so, als sei er darüber ein wenig enttäuscht.
Was kann Gott überhaupt tun angesichts einer Finanzkrise, die so wenig gottgemacht ist wie Ungerechtigkeit oder Bürgerkriege? Ich bin mir ziemlich sicher, dass er keinen Einfluß auf Geldströme, Aktienkurse oder Kreditklemmen nimmt. Gott ist kein Automat, in den ich oben meinen Wunsch einwerfen und unten das Produkt herausholen kann. Dass er aber uns Menschen bewegen kann, wenn wir es denn zulassen, das glaube ich schon. Dann nämlich, wenn wir bereit sind innezuhalten und in uns hineinzuhorchen. Wenn wir bereit sind, in Krisen unsere Angst und Hilflosigkeit zuzulassen und vielleicht auch unsere untergründigen Zweifel am eigenen Tun. Beten beginnt damit, zu allererst bei sich selber anzukommen und sich wahrzunehmen. Die Börsenkurse werden dadurch nicht steigen, die Klarheit im inneren Durcheinander vielleicht schon.


https://www.kirche-im-swr.de/?m=4751
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