Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Rom im Jahr 1610. Die Ewige Stadt erstrahlt im Glanz des Barock. Der Neubau des Petersdoms geht gerade seiner Vollendung entgegen. Der Bauherr, Papst Paul V., ist ein mächtiger Kirchenfürst und ein Freund der Künste.
An diesem Sommertag aber hat der Papst einen Termin in der Altstadt – im Heiliggeistspital. Kein Krankenhaus wie jedes andere. Hier gibt es eigene Stationen für Patienten mit ansteckenden Krankheiten, unterschiedliche Speisezettel und vor allem ein gut ausgebildetes Fachpersonal.
Geleitet wird das Hospital von Pater Camillo. Er hat gerade einen Orden gegründet, der sich der Krankenpflege widmet. Paul V. will die Einrichtung besuchen. Ohne Voranmeldung. So ist Camillo gerade bei der Arbeit, als ihn der Papst überrascht. Ein Begleiter des Papstes faucht ihn an: „Zieht doch wenigstens Euren schmutzigen Kittel aus, wenn Ihr mit dem Heiligen Vater sprecht!“ „Wieso?“ fragt Camillo zurück. „Wenn ich mit Christus selber beschäftigt bin, habe ich keine Zeit, mich für seinen Stellvertreter umzuziehen.“
Ein mutiger Mann, dieser Camillo. Für ihn ist klar: In jedem Kranken und Leidenden trifft er Christus selbst. Das ist der Grundsatz einer christlich motivierten Pflege. Wie viele Pflegerinnen und Pfleger setzen das auch heute noch Tag für Tag um! In Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen.
Wer Verwandte und Freunde in solchen Einrichtungen besucht, der weiß, was diese Frauen und Männer leisten. Sie verrichten grundlegende Dienste: Waschen, Saubermachen, Essen reichen. Oft ist die Arbeit schwer und belastend. Viele Häuser sind personell unterbesetzt. Der Zeitdruck ist groß. Es gibt wechselnde Schichten und Wochenenddienste. Und das zu meist niedrigen Löhnen.
Kranken- und Pflegekräfte werden in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Dabei sind sie unverzichtbar in einer Gesellschaft, in der immer mehr Menschen alt und hilfsbedürftig werden. Wenn ihre Arbeit nicht gewürdigt wird, dürfen wir uns über Fachkräftemangel nicht wundern.
Wie menschlich eine Gesellschaft wirklich ist, zeigt sich im Umgang mit ihren Kranken. Und jeder von uns wünscht sich doch, menschenwürdig betreut zu werden, wenn die eigenen Kräfte erlahmen. Was wäre das für ein Glück, dann Pfleger vom Schlage eines Paters Camillo zu haben ...

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