Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Heute vor 516 Jahren erreichte Kolumbus Amerika. Am 12. Oktober 1492 ging er vor der Insel Guanahani vor Anker. Er entdeckte eine neue Welt. Sie war geprägt von fremden Menschen und Sprachen, einem anderen Klima und unbekannten Pflanzen und Tieren. In den ersten Tagen stand Kolumbus immer wieder staunend vor der Größe und Vielfalt der Schöpfung. Sie war für ihn und seine Schiffsbesatzung auf einmal so viel größer und viel-fältiger geworden. Gern wäre ich dabei gewesen, wie sie damals ihren Horizont im wahrs-ten Sinne des Wortes erweiterten. Bis heute gehört das zum Menschsein: offen sein für neue Entdeckungen und Staunen können

Leider war dieses Staunen damals nur von kurzer Dauer. Denn Kolumbus blieb nicht lan-ge nur begeisterter Entdecker. Nach ganz kurzer Zeit wurde er auch zum Eroberer. Er sah die neue Welt vor allem als einen unerschöpflichen Vorrat an Gold, Sklaven – und Heiden, die getauft werden könnten.

Was für ein Zweispalt: der Mensch als Zeuge dafür, wie schön Gottes Schöpfung ist. Und gleichzeitig ein Geschöpf, das eigene Ziele verfolgt – manchmal zum Besten aller, oft genug aber zum Schaden des ganzen Planeten. Was Menschen in die Hände bekommen, wird allzu oft zerstört. Die Menschen sind merkwürdige, zweispältige Geschöpfe.

Martin Luther hat das so beschrieben: Jeder Mensch ist gleichzeitig ein Geliebter und ein Sünder. Letzteres liegt auf der Hand. Unsere Schuld, Fehler und Irrtümer kommen aus der Sünde. Aus der Gottesferne. Aber wo kommt denn die Liebe her?

Sie kommt von Gott. Sie kommt aus dem liebevollen Blick des Vaters, der nicht aufhören kann, seine Kinder zu lieben, was auch immer sie tun. Sie kommt aus seinem Plan, uns mit der Erde einen Ort zum Leben zu geben. Sie kommt aus seinem Entschluss, in Jesus selbst Mensch zu werden und mit uns das Leben zu teilen, so schwer wir es ihm damit auch machen.

Martin Luther wusste: diese Liebe Gottes ist viel stärker und mächtiger als alles, was wir tun. Selbst mit all unserer Zweispältigkeit ist sie nicht kaputt zu kriegen.

Darum: heute ist ein guter Tag, loszuziehen. Heute am Sonntag. Ein bisschen wie Ko-lumbus – auf Entdeckungstour durch Gottes Schöpfung: uns zur Freude hat Gott sie ge-macht. Damit wir immer wieder und immer neu ins Staunen kommen.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=4648
weiterlesen...