Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Helfen sie mir, ich weiß nicht weiter“ schreibt da ein einsamer Mensch im Internet. Ist es ein Mann oder eine Frau? Keine Ahnung. Dieser hilfesuchende Mensch traut sich nicht, mehr von sich zu zeigen. Und dann steht da nur noch: „Ich kann nicht mehr. Es ist alles zu viel. Bitte helfen sie mir.“
Die Telefonseelsorge im Internet erhält täglich solche Hilferufe. Ganz aus der Tiefe kommen diese Hilferufe, aus der Tiefe eines verzweifelten Menschen, der es noch nicht einmal wagt, die Telefonseelsorge anzurufen – und so bleibt der Schrei ohne Stimme, nur mit dem geschriebenen Wort, anonym und leise. So kommen die Hilferufe über das Internet. Verzweifelte Menschen hoffen, dass jemand antwortet. Und so geschieht es. Innerhalb von 48 Stunden werden sie eine Antwort haben.
Ehrenamtliche Telefonseelsorgerinnen und Telefonseelsorger sind nicht nur telefonisch rund um die Uhr zu sprechen, sondern betreuen auch die Beratung und Hilfe im Internet: schnell, niederschwellig , anonym - unter www.telefonseelsorge.de. Telefonseelsorge im Internet ist so gesichert, dass kein Unbefugter mitlesen kann. Ratsuchende sind dankbar für diesen geschützten Ort. Da kommen emails von Menschen, die sich mitten in der Nacht ihre Angst von der Seele schreiben, von der niemand sonst wissen darf. Andere melden sich aus dem Ausland: Heilfroh, ihre Not und Einsamkeit in der Muttersprache ausdrücken zu können. Hör- und Sprachgeschädigte haben nun auch eine schnelle erste Anlaufstelle. Wieder andere formulieren zum ersten Mal und ganz vorsichtig und voller Scham, was sie erlitten haben, was sie umtreibt oder was sie sich wünschen. Vorsichtige Gehversuche sind das – erste Schritte. Und viele bange Fragen: „Bin ich vielleicht alkoholabhängig?“, oder: „Darf mein Vater so mit mir umgehen?“ oder: „Mein Arzt sagt, ich muss in eine psychiatrische Klinik. Bin ich jetzt verrückt?“ oder auch: „Ich habe Angst, in die Schule zu gehen. Die andern lachen mich immer aus. Was soll ich bloß machen?“
Und dann ist da jemand auf der anderen Seite und liest das. Fühlt mit. Denkt mit. Kann zwischen den Zeilen lesen.
TelefonSeelsorge im Internet, das ist ein Draht zwischen Menschen, die sich nicht hören und nicht sehen. Oft wird es ein dichter Draht. Und manchmal eine letzte Rettung.
Die Ehrenamtlichen in der Telefonseelsorge helfen gerne. Wenn es nur einem einzigen ein wenig besser geht – ist das für sie Belohnung genug.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=4610
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