SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Meine Nachbarin war damals schon alt. Damals als ich sie gefragt habe, ob sie Gott schon einmal „gesehen“ oder gespürt habe. Wir trafen uns oft im Wald. Sie mit ihrem Hund Adonis, ich mit meiner Ayla. Es war früh am Morgen.
Ihr Antwort kam prompt: „Wenn ich morgens durch den Wald gehe – diese tiefe Ruhe spüre, die über allem liegt, die Vögel zwitschern, es knackt im Unterholz, ich atme klare, frische Luft – dann, glaube ich, bin ich Gott sehr nah.“
Ihre Antwort beeindruckte mich.
Wenn das so ist, so ganz unspektakulär, dann habe ich Gottes Nähe auch schon manches Mal in meinem Leben gespürt.

Zum Beispiel als ich mit 50 Kindern einer Stadtranderholung unterwegs im Schwarzwald war und es anfing zu regnen. Irgendwann war es uns egal, dass wir nass wurden. Wir spielten und tanzten und wurden dreckig und vergaßen Zeit und Regen. Wir waren ein-fach nur glücklich zusammen. Ich glaube, Gott hat in diesem Moment mit uns um die Wette gelacht.

Oder als meine Oma im Sterben lag. Ich saß an ihrem Bett im Krankenhaus. Sprechen konnte sie schon nicht mehr. Dafür sprachen ihre Augen Bände: Sie freute sich, dass ich da war. Ich hatte Angst; ich wollte nicht, dass sie starb. Sie war eine tolle Oma. Und so saß ich schweigend bei ihr, in Gedanken versunken. Und auf einmal war da so eine Ruhe im Zimmer. Wie wenn einer sagte „Es ist gut so.“ Ich glaube, dass war der Augenblick, an dem meine Oma und ich uns voneinander verabschiedeten. In diesem Augenblick ha-be ich Gott ganz deutlich gespürt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=4601
weiterlesen...