SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Guten Morgen im Neuen Jahr.
„Siehe ich will Neues schaffen, spricht Gott, jetzt wächst es auf, erkennt Ihr’s denn nicht“?
Diese Sätze hat die Evangelische Kirche als Leitwort, als Losung, für das Neue Jahr ausgewählt. In diesem Geist lädt sie uns ein, das Jahr begrüßen. Ihm erwartungsfroh entgegen zu sehen. „Siehe, ich will Neues schaffen, spricht Gott, jetzt wächst es auf, erkennt Ihr’s denn nicht?“
Sind Sie bereit und in der Lage, so zukunftsfroh das Neue Jahr in Empfang zu nehmen? Oder gehören Sie auch eher zu den Neu-ängstlichen? Zu denen, denen es lieber ist, wenn Kontinuität herrscht und sich nicht vieles verändert. Weil man dann weiß, was man hat.
Ich vermute, diese biblische Losung für 2007 findet nicht sofort positive Resonanz. Woran mag das liegen? Weil wir davon profitieren, dass das Alte bleibt? Weil ich Angst habe, dass ich was verlieren könnte, wenn Neues kommt? Weil man beim älter werden oft genug schmerzlich spüren muss, dass das neue, z.B. neue Nachrichten von Ärzten nichts Gutes bringen, sondern neue Ungemach. Weil ich eher neu-ängstlich bin?
Oder ist Skepsis gegenüber dem Neuen, Skepsis einer Zukunft gegenüber, die nicht das Alte fortschreibt, inzwischen typisch deutsch, Ressentiment eines älter gewordenen Landes? Ein wenig kommt mir dieses Zukunftsgefühl vor wie im Mythos der antiken Griechen: Von der so genannten Büchse der Pandora. Zeus und seine eifersüchtigen Mitgötter haben Pandora auf die Erde geschickt, um die Menschen für den Freiheitsdrang des Prometheus zu bestrafen. Und als Pandora ihre so genannte Büchse, ihren großen Krug, öffnet, ergießt sich daraus Unheil und Leiden über die Menschen. Sie hat zwar auch Hoffnung in ihrem Krug, aber auf Geheiß des missgünstigen Zeus darf Pandora diese den Menschen nicht gönnen.
Ganz anderes verspricht sich Jesaja von seinem Gott: „Siehe ich will Neues schaffen, spricht Gott, jetzt wächst es auf, erkennt Ihr’s denn nicht“? Sein Gott öffnet keine Unheilsbüchse – im Gegenteil – die Saat, die er wachsen lässt, gibt Grund zur Hoffnung für die Menschen. Jesaja ist davon überzeugt, dass Gott neues Leben wachsen lässt, und das eröffnet seinem Volk, das in babylonischer Gefangenschaft dahindämmert Hoffnung auf Freiheit.
Wie können wir in dieses Neue Jahr gehen? Skeptisch, ängstlich wie vor einer Pandorabüchse missgünstiger Götter oder aufrecht erwartungsfroh, weil wir darauf trauen können, dass Gott es gut mit uns meint?
Ich möchte dem Wort Jesajas trauen, dass Gott auch für uns gute Zukunft wachsen lässt. Und ich weiß sehr wohl. Vieles muss anders werden, damit es besser werden kann. Wenn nicht für uns, dann doch für andere Menschen. Wenn zB. wir Älteren unseren Lebensstandard mit allen Mitteln unverändert verteidigen wollen, dann geht das vermutlich zu Lasten unserer Kinder. Und wenn Arbeitsplätze in ärmere Länder abwandern, dann bessert das vielleicht die Situation für Menschen dort, und entschärft Ungerechtigkeiten, von denen wir im Westen lange Zeit profitiert haben. Mit diesem Neuen kann auch gute Zukunft wachsen. Ich glaube, wenn wir mit Vertrauen ins Neue Jahr zu gehen, das kann einen stark machen. Vertrauen hilft, das, was auf einen zukommt auch positiv zu gestalten.
Aber was, wenn das Neue Jahr uns Dinge zumutet, die aus der bösen Büchse der Pandora zu kommen scheinen.
Wie kann man dem begegnen? Was kann da Kraft geben? Dietrich Bonhoeffer hat in seinem persönlichen Glaubensbekenntnis gesagt. „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.“ Sogar aus schweren Erfahrungen, bekennt Bonhoeffer, kann Gutes wachsen, wenn wir uns ihnen stellen, liebevoll füreinander da sind. Ich wünsche Ihnen ein gutes Neues Jahr und Vertrauen in die Zukunft.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=459
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