Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Ich wäre so gerne dabei gewesen! Damals, als die Berliner Mauer fiel.
Ich weiß noch, wie sehr mich die Bilder im Fernsehen bewegt haben: diese ausgelassene Menschenmenge, alle einander fremd und doch so voller Jubel und Begeisterung. Da, direkt vor meinen Augen spielte sich ein entscheidender Moment der Weltgeschichte ab, und ich sah nur aus der Ferne zu.
In dem Augenblick wusste ich:
„Das wirst Du Dein Leben lang bereuen.“
Aber ich bin nicht aufgestanden und hingegangen.

Andere sind aufgestanden und hingegangen, nicht nur zum Feiern.
Schon 1981, also bereits acht Jahre vor der Wende, haben sich Menschen, die sich nicht mehr mit den Zuständen abfinden wollten, zum Friedensgebet getroffen. In der Nicolaikirche in Leipzig haben sie sich gestärkt, mit Gebeten aus den Psalmen und Worten aus der Bergpredigt. Und das gab ihnen den Mut, in der überfüllten Kirche vor die Masse zu treten und Gesicht zu zeigen. Wohl wissend, dass überall Stasi-Leute lauerten und sie mit den schlimmsten Folgen rechnen mussten.

Von da nahm das Wunder seinen Lauf:
Das Wunder der gewaltlosen Revolution, wie sie Jesus gepredigt hat.
„Wir waren auf alles vorbereitet, nur nicht auf Kerzen und Gebete“, sagte ein
Mitglied des Zentralkomitees der SED später. Dass tausende von Menschen ihren Glauben mit auf die Straße nahmen und ihr Leben riskierten, das verstand die Regierung einfach nicht.

Am 7. Oktober 1989 ging´s auf dem Nicolaihof - dem Platz der Montagsdemonstrationen - noch brutal zur Sache. Von Mittag an bis in die Abendstunden wurden Menschen verhaftet: niedergeknüppelt, über den Boden geschleift und auf Laster gepfercht. Doch die Geprügelten schlugen nicht zurück. Sie setzten die Bergpredigt Jesu wörtlich um und das ist ein Wunder biblischen Ausmaßes:
Die Polizisten verloren die Lust am Prügeln.
Und die Panzer rollten nicht.

So kam es zu dem gewaltfreien Wandel, den wir heute am „Tag der Deutschen Einheit“ feiern. Auch wenn ich nichts dazu beigetragen habe, mich erfüllt dieser Tag mit großem Stolz: Wir sind das Volk der friedlichen Revolution. Das ist der gute Ausgang einer unsäglichen Geschichte.
Es waren Worte Jesu, die das vollbracht haben. Und Menschen, die an diese Worte geglaubt haben. Unser Glaube, brennt er nur leidenschaftlich genug, dann kann er Berge versetzen und Mauern zu Fall bringen. https://www.kirche-im-swr.de/?m=4540
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