Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Ich kenne einen Arzt, der wusste schon mit fünf Jahren, dass er einmal Kinderarzt wird.
Es war in einem Ferienlager. Eigentlich musste man dafür mindestens sechs alt sein, aber aus irgendeinem Grunde hatte man bei ihm eine Ausnahme gemacht.
Die Kinderschar machte eine Wanderung, die durch ein Flussbett führte. Alle wateten vorsichtig durch den Fluss, bis plötzlich eines der Kinder zu schreien anfing.
Es war ausgerutscht und in eine zerbrochene Flasche gefallen, die seine Wade halb durchtrennte. Aufgeregt trugen die Kinder das verletzte Kind aus dem Wasser; es blutete wie verrückt.
Die Erzieherin, die herbeigelaufen kam, fiel bei dem Anblick der Wunde sofort in Ohnmacht. Sonst war kein Erwachsener in der Nähe. In dem Moment wusste der Fünfjährige, was zu tun war: Er zog die Flasche aus der Wunde und band das Bein direkt unter dem Knie ab.

Einige Zeit später traf der Notarzt im Hubschrauber ein und versorgte den Jungen. Bevor er mitsamt dem Verletzten wieder davon flog, fragte er in die Runde:
„Wer hat dem Jungen das Bein abgebunden?“
Alle sahen den Fünfjährigen an und dachten: Jetzt kriegt der Ärger!
„Ich“, sagte der Kleinste von den Kindern.
Der Arzt staunte nicht schlecht. „Du hast ihm das Leben gerettet“, sagte er. „Er wäre sonst schon längst verblutet.“
Von da an stand für den Jungen fest: „Ich werde Kinderarzt.“

Ich finde es toll, wenn sich jemand so klar berufen fühlt. Für mich ist das ein
direkter Auftrag von Gott.
Aber so eine eindrucksvolle Berufungsgeschichte ist schon etwas Besonderes.
Ich, etwa, wusste lange nicht, wohin mein Weg geht. Vielleicht hat Gott zu mir in leiseren Tönen gesprochen, und ich habe ihn nicht gleich verstanden…
Und womöglich durchlaufen viele Menschen einen längeren Prozess, bis sie wissen, wozu sie eigentlich berufen sind.
Und manche Berufungen sind so normal und alltäglich, dass man sie gar nicht als solche wahrnimmt: Es gibt berufene Mütter und Väter. Es gibt andere, die fühlen sich berufen, ihre alten Eltern zu pflegen. Und wieder andere arbeiten ehrenamtlich bei der Feuerwehr, oder als „grüne Dame“, und folgen so ihrer inneren Stimme.
Am wichtigsten aber ist es herauszufinden:
Wozu bin ich berufen? Was ist es, wofür mein Herz schlägt?
https://www.kirche-im-swr.de/?m=4539
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