SWR2 Wort zum Tag

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„Ich bin eine große Frau!“ Nein, nicht ich. Es geht um Maria, die Mutter Jesu aus der Bibel. Ausgerechnet Martin Luther hat ihr diese Worte in den Mund gelegt. „Ich bin eine große Frau.“ Das überrascht vielleicht - der Reformator ist sicher nicht der erste, an den man denkt, wenn es um Marienverehrung geht. Aber Martin Luther hatte viel übrig für Maria. Er war fasziniert von ihrem Vertrauen. Vom Vertrauen, mit dem diese ganz gewöhnliche junge Frau sich auf die ganz außergewöhnliche Aufgabe eingelassen hat, die Mutter Gottes zu werden. Und Luther war beeindruckt von der Souveränität, mit der Maria auf ihre neue Rolle zugegangen ist.

Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes; denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder. Denn er hat große Dinge an mir getan...
So werden Marias Worte in der Bibel überliefert, so soll sie Gott gelobt haben, nachdem sie erfahren hat, was auf sie zukommt. Keine verschämte Zurückhaltung, sondern selbstbewusste Freude strahlt sie da aus.

Für Luther ist das vorbildlich. Falsche Demut ist keine Tugend, schärft der Reformator seinen Hörern ein, als er über Marias Lobgesang predigt: „Man soll doch sagen, was man hat: ,Ich bin gelehrt, kann gut lernen, bin fromm, bin kein Ehebrecher, bin eine Fürstin, habe ein hohes Alter erreicht…’ Die Sonne sagt ja auch nicht ,Ich bin hässlich’, sondern ,Ich bin das Licht der Welt!’ Man soll nicht leugnen, was Gott gegeben hat, sei es Geld oder Gut.“

Allerdings kann es dabei nicht darum gehen, auf andere runterzuschauen, die diese Gaben nicht haben, sagt Luther. Mir leuchtet das ein. Denn wie Luther glaube ich: Wir verdanken unsere Begabungen nicht uns selbst, sondern Gott. Und wenn wir uns das bewusst machen, dann gibt es auch keinen Grund zum Hochmut: „Maria“, meint Luther, „Maria sagt das genau richtig: ,Ich bin die Mutter Gottes, das ist wahr. Und wenn jemand mich selig preist, dann ist das auch wahr. Ich bin eine große Frau! Aber woher hab’ ich’s? Ich erhebe nicht mich, sondern den Herrn!“

Soweit Martin Luther. Ich finde, er hat da etwas getroffen, was wir auch heute noch von Maria lernen können: Stolz sein auf das, was wir können, was wir haben, was wir sind. Ohne Hochmut, aber selbstbewusst und fröhlich sagen, was wahr ist.
Ich glaube nämlich: Wenn man sich selbst nicht dauernd klein macht, kann man auch andere groß sein lassen. Ihnen sogar helfen zu wachsen. Und bei alledem Gott loben.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=4499
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