SWR2 Wort zum Tag

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Das Christentum ist kein Korsett aus Sätzen und Prinzipien.
Und Gott ist schon gar nicht der, der dieses Korsett schnürt.
Allerdings, mancher versteht das Christentum so, als festes Korsett, das dem Leben Halt und eindeutige Orientierung gibt, in unseren unübersichtlichen Zeiten.
Aber wenn man das Christentum zu einem Korsett macht aus Sätzen, wie man richtig glaubt und Prinzipien, wie man korrekt lebt, dann droht es zu wirken wie alle Korsetts.
Korsetts haben einen großen Mangel. Wenn man sie zu eng und zu fest schnürt, dann
drücken sie denen, die sie stützen sollen, auf einmal die Luft zum Leben ab.
Ein kleines aktuelles Beispiel dafür ist Sarah Palin, mit ihrer Familie. Sarah Palin ist die Kandidatin für das Amt des Vizepräsidenten auf Seiten der Republikaner in den USA. Eine stramm konservative, prinzipienstrenge Christin: „Keine Abtreibung, kein Sex vor der Ehe… “ Und genau hier sind das wirkliche Leben und ihre strengen Prinzipien aneinander geraten. Sarah Palins Tochter ist schwanger. Mit 17 und unverheiratet. Und jetzt? Familie Palin will zu ihrer Tochter stehen, hat sie verkündet, auch wenn diese das moralische Korsett gesprengt hat.
„Nicht mein Problem,“ sagen Sie, „ich lasse dem Leben mehr Freiheit als diese evangelikale Christin. Mein Christentum ist liberal, kein Korsett aus Sätzen und mein Bild von Gott ist weit.“
Ich fürchte, so einfach ist es nicht: Wo sogar Petrus ein ähnliches Problem hatte. Petrus war sich sicher, dass er das Evangelium von Jesus allein Juden predigen sollte. Für Nichtjuden
war es tabu. Er hielt sie für nicht würdig. Aber Gott schiebt Petrus über diese Grenze hinaus. Durch einen Traum erkennt Petrus, dass die Botschaft von der Liebe Gottes allen Menschen gilt. Und sein Herz wird weit, mit Gottes Hilfe.
Immer noch nicht mein Problem? Ich fürchte, auch Sie und ich, sind nicht gefeit vor Herausforderungen wie Petrus oder Mrs. Palin. Ich denke da an eine Freundin: Ihr Sohn hat
ihr offenbart, dass er homosexuell ist. Sie hat nichts gegen Homosexuelle, aber ihn genauso
zu akzeptieren und zu lieben wie vorher, das hat gedauert. Oder ein Kollege, der Zeit seines Lebens in der Friedensbewegung aktiv war. Und dann sagt ihm sein Sohn, dass er
Berufssoldat werden will.
Manchmal sprengt das Leben die Grenzen des Korsetts, mit dem wir es stabil halten wollen. Und fordert uns heraus, sie zu überwinden. Oder ist es sogar Gott selbst, der uns dazu herausfordert, wie bei Petrus? https://www.kirche-im-swr.de/?m=4479
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