Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Wie ist es Dir ergangen, so lange weg von Zuhause?“ frage ich eine Studentin, die ein Jahr lang im Ausland war. Und sie erzählt mir von ihren Erfahrungen:

Wie es war, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden; wie sie sich immer besser auf Spanisch verständigen konnte; wie viele Leute sie kennen gelernt hat und wie toll das alles war.
Dann wird sie nachdenklich.
„Merkwürdig“ sagt sie, „weißt du, was ich am meisten vermisst habe? Dass mir mal jemand über den Kopf streicht, wie meine Mutter; einfach diese kleinen Zärtlichkeiten, die einem so selbstverständlich vorkommen, bis man ganz auf sich allein gestellt ist.“

Ich war erstaunt. Das hatte ich nicht erwartet, dass ein junger, kontaktfreudiger Mensch ausgerechnet diese mütterlichen Berührungen vermissen würde. Dabei umarmen sich die jungen Leute doch ständig gegenseitig.
Aber freundschaftlicher Umgang ist wohl etwas anderes, als mütterliche Zärtlichkeit und Fürsorge. – Die ist so selbstverständlich, man merkt es kaum:
Wie oft streiche ich gedankenverloren über den Kopf eines meiner erwachsenen Kinder, oder über ihren Rücken… Es ist, als ob ich mich vergewissern möchte, dass sie wirklich da sind. Und sie spüren lasse: ich bin da.

So spüre ich auch manchmal Gottes Nähe:
Nicht in großartigen Erkenntnissen, sondern in solchen kleinen, unbedeutsam erscheinenden Augenblicken, die sich anfühlen, als ob mir jemand über den Rücken streicht. Das sind für mich große Glücksmomente:
Wenn ich zum Beispiel mit meinen Lieben am Tisch sitze und wir unterhalten
uns stundenlang ohne auf die Uhr zu schauen.
Oder wenn ich jemanden in Krankenhaus besuche und das Gespräch tut dem anderen sichtlich gut. Dann habe ich das Gefühl: Gott war mir, war uns ganz nah.
Manchmal genügt es aber auch schon, wenn ich aufwache und sehe, wie die Sonne durch das Fenster scheint. Dann weiß ich: das ist ein Tag, den hat Gott gemacht.
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