Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Es gibt Sätze, die bleiben hängen. „I have a dream“ – „Ich habe einen Traum“. Der Anfang der berühmten Rede von Martin Luther King. Heute, vor 45 Jahren, hielt King diese Rede in Washington. Vor über einer viertel Millionen Menschen aller Hautfarben, Menschen, die gemeinsam gegen die Rassentrennung in Amerika pro-testierten.
„Ich habe einen Traum,“ sagt der Bürgerrechtler King, „dass eines Tages auf den roten Hügeln von Georgia die Söhne früherer Sklaven und die Söhne früherer Skla-venhalter miteinander am Tisch der Brüderlichkeit sitzen können. Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der man sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilt.“
Der Satz „Ich habe einen Traum“ trifft in das Herz Amerikas. Denn er bürstet den amerikanischen Traum gegen den Strich. Dieser Traum heißt: Vom Tellerwäscher zum Millionär. Ein Traum, den auch hier bei uns immer mehr Superstars und Top-models träumen.
Aber der Traum Martin Luther Kings hat nichts mit Geld und Karriere zu tun. Nichts mit Erfolg und Leistung. Sein Traum ist der biblische Traum, dass sich Frieden und Gerechtigkeit küssen – wie die Bibel ganz poetisch sagt. Der Traum, dass Freiheit regiert – für jeden. Der Traum, den die Schöpfungsgeschichte so wunderbar zur Sprache bringt: Alle Menschen sind gleich geschaffen. Es gibt kein oben und unten, kein Herrschen und Beherrscht-Werden. Es gibt nur gleiche Menschen vor Gott.
45 Jahre ist das her. Und heute, heute ist dieser Traum immer noch nicht ausge-träumt. Wir sind nicht erwacht, Gerechtigkeit ist immer noch ein Traum. Freiheit für alle ebenso. Sicher, Amerika, die Welt hat sich in den letzten 45 Jahren verändert. Mittlerweile gibt es in Amerika einen Präsidentschaftskandidaten mit schwarzer Hautfarbe und bei uns ziehen die Kinder von Migranten in den Bundestag ein. Aber die alltägliche Diskriminierung, nach Hautfarbe, nach Herkunft, nach Bildungsgrad, die gibt es hier wie dort in der scheinbar freien westlichen Welt. Gleichheit und Ge-rechtigkeit sind immer noch ein Traum. Deshalb bleibt auch Kings Satz: „I have a dream“.

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