SWR2 Wort zum Tag

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Den Kampf gegen den inneren Schweinehund kennt jeder. Keine Lust zum Arbeiten, aber es muss doch sein, also reiß dich zusammen! „Nicht so viel essen und trinken“, hat der Arzt gesagt, und eigentlich weiß es jeder selbst. Es kostet Überwindung und braucht Disziplin, sich nicht nur vom Lustprinzip bestimmen lassen. Das sind noch relativ harmlose Beispiele für diesen Kampf mit sich selbst. Den anderen im Geschäft betrügen oder bestechen, diese Versuchung z.B. wiegt viel schwerer - nicht nur die Skandale in der großen Wirtschaft zeigen das. Der Erfolgsdruck von außen trifft auf den inneren Erfolgszwang, und schon ist die Gefahr groß, zu unlauteren Mitteln zu greifen. Soll ich dopen oder nicht? Putsche ich mich auf oder nicht? Es ist nicht nur der innere Schweinehund, es sind die Verhältnisse mit ihrem immensen Erwartungsdruck.
„Wir aber haben nicht zu kämpfen gegen Menschen aus Fleisch und Blut“, heißt es im Neuen Testament. Da werden die Christen selbst als Kämpfer beschrieben, aber nicht gegen sich selbst, auch nicht gegen andere, „sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher der finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs.“ Das klingt merkwürdig und fremd. Um uns und über uns gibt es überpersonale, anonyme Mächte und Zwänge, die uns unterdrücken – das ist die Vorstellung, damals vorgestellt in mythischen Bildern. Wir heute würden z.B. von Sachzwängen sprechen, von dicker Luft, von schlechtem Klima und böser Atmosphäre. Was ist denn z.B. der Konsumzwang? Jeder macht mit, und keiner ist es gewesen. Was ist mit den Heuschreckenfirmen, die keiner greifen kann und die anonym die Strippen ziehen? Jeder weiß, dass wir falsch leben – auf Kosten der nächsten Generationen nämlich. Aber wer könnte sagen, dass er nicht mitspielt? Es gibt solche kollektiven Systemzwänge. Die stören und zerstören das Zusammenleben, die machen Menschen kaputt, die trennen eine Gesellschaft zwischen Arm und Reich. Dagegen kämpfen die Christen. Da ist der Kampf gegen Doping nur eine kleine Abteilung. Im Neuen Testament wird das im Bild des schwerbewaffneten römischen Soldaten beschrieben: „Gürtet euch mit Wahrheit, zieht als Panzer die Gerechtigkeit an und als Schuhe die Bereitschaft, für das Evangelium vom Frieden zu kämpfen. Vor allem greift zum Schild des Glaubens... Nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das ist das Wort Gottes.“ (Eph 6,10-20) Das klingt kriegerisch und gewalttätig. Aber es meint höchsten Einsatz und letzte Entschiedenheit. Die sportlichen Wettkämpfe sind ein Bild dafür. Wie in allen Religionen gibt es im Christentum dieses Wissen: Wer an Gott glaubt und der Wahrheit dient, ist ein Kämpfer. Billiger ist’s nicht zu haben. Nichts ist schlimmer als Feigheit vor dem Feind, dem Schweinehund in uns und äußeren Verhältnissen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=4309
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