SWR2 Wort zum Tag

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„Der Vergleich eines Menschenlebens mit einem Wettrennen ist zwar nicht in jedem Punkte zutreffend, aber doch höchst geeignet“ – so schrieb vor bald 400 Jahren der Sozialphilosoph Thomas Hobbes. Er fährt fort: „Dieses Rennen darf kein anderes Ziel kennen, keinen anderen Ruhm als den, an erster Stelle zu stehen:… andere hinter sich zu sehen, ist Stolz; stets besiegt zu werden, ist Unglück; stets den Nächsten vor uns zu besiegen ist Glück; und das Rennen aufzugeben heißt Sterben.“
Ein wahnsinniger Text, schockierend genau beschreibt er den Kampf aller gegen alle. „Über den Bürger“ heißt der Titel des Buches in dem sich die Passage findet. Die bürgerliche Gesellschaft - die moderne, die heutige - steht für Hobbes demnach unter dem Diktat eines ständigen Fort-Schritts: Immer besser, immer höher, immer schneller, immer erfolgreicher. Ein einziges Wettrennen, Konkurrenz belebt das Geschäft, ständiges Rivalisieren also, eine einzige Jagd nach Glück. „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“, so hatte ebenfalls Hobbes gesagt. Irgendwie geht es also wölfisch zu, mörderisch förmlich.
Die olympischen Spiele in Peking sind dann ein auf Hochleistung, auf Hochglanz konzentriertes Abbild unseres alltäglichen Lebens. Was haben die Athletinnen und Athleten nicht über Jahre hin alles investiert und eingesetzt. Worauf wurde verzichtet, was blieb zurückgestellt? Alles auf die eine Karte: Wenigstens in die Endrunde, ins Finale, besser noch aufs Treppchen, am besten Gold. Das hat auch was Wölfisches. Die biblische Maxime dagegen heißt: „Der Mensch ist dem Menschen ein Mensch“, ein Mitmensch,. „Das geht nicht gegen gesundes Leistungsdenken, Freude auch über einen Erfolg und einen Spitzenplatz,. Christen sind keine Kostverächter, ganz im Gegenteil. Aber diese blinde, mörderische Jagd nach Ruhm und Selbstrechtfertigung ist ihre Sache nicht. Sie können nicht das Lied vom mörderischen Wettbewerb mitsingen, das bei Thomas Hobbes mit den Zeilen endet: „Stets den Nächsten vor uns besiegen ist Glück; und das Rennen aufzugeben heißt Sterben.“ Wer freilich an Gottes Treue glauben darf, die auch das Sterben noch einbirgt in ein gesegnetes bleibendes unendliches Leben, der braucht sich nicht japsend mit hängender Zunge in den Tag stürzen und in die Erfolgsjagd bis zuletzt. Denn er weiß sich gesegnet und behütet von vornherein. Unverkrampft kann er an den Start gehen und seinen Lebenslauf so gestalten.

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