SWR2 Wort zum Tag

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Schon sieht er sich in der Zielgeraden, schon ist der Endspurt absehbar. Nicht von den Leichtathleten in Peking spreche ich, sondern vom Apostel Paulus. In einem Brieffragment vergleicht er sein Leben – und das jedes Christenmenschen – mit einem Wettlauf: „Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich aus nach dem, was vor mir ist. Das Ziel vor Augen, jage ich dem Siegespreis nach“. Paulus schreibt seinen Mitchristen, die sich schon am Ziel glaubten. Ihr Glauben macht sie selbstzufrieden. Sie fühlen sich schon wie im siebten Himmel. Nach dem Motto: Wir glauben richtig, was kann uns da noch passieren? Entsprechend lassen die einen die Flügel hängen, und die anderen leben sich unbekümmert aus. Die Spannung ist weg, sie brauchen nichts mehr erwarten, sie sind im wahren Christentum. Paulus konfrontiert sie in einem leidenschaftlichen Brief. Ihr seid nicht am Ziel, schreibt er. Euer Christ sein ist erst ein Anfang. Das heißt: Längst sind wir spirituell nicht ausgereift, immer noch liegt die Welt im Argen. Schrecklich ist die überall herrschende Gewalt in uns und um uns. Wir sind keineswegs schon am Ziel. Christ sein heißt, Christ werden. Ohne Training und Siegeswille läuft auch hier nichts. Gewiss, Glauben heißt: längst schon gestartet sein und das Ziel fest im Visier zu haben, heißt: entsprechend Power genug für die Zielgerade zu haben. Aber das Ziel ist das noch lange nicht.
Zum Beleg spricht der Apostel mutig von sich selbst: „Nicht dass ich es schon erreicht hätte oder dass ich schon vollendet wäre. Aber ich strebe danach, es zu ergreifen, weil auch ich von Christus Jesus ergriffen bin. Brüder und Schwestern, ich bilde mir nicht ein, dass ich es schon ergriffen hätte. Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir liegt. Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung, die Gott uns in Jesus Christus schenkt.“ (Phil 3,12-14)
Wenn heute wieder die Sportbilder aus Peking über den Bildschirm flimmern, dann lohnt es sich vielleicht an diesen christlichen Hochleistungssportler von damals zu denken. Höchster Einsatz, um das Ziel nicht zu verfehlen. Großartige Lebensleistung, auch christlich wirklich das zu werden, was wir schon sind.
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