Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Maria, die höchste Frau der katholischen Kirche. Heute ist ihr höchstes Fest: Mariä Him-melfahrt. An ihm feiert die katholische Kirche ihre Fahrt in höchste Höhen, ihre Aufnahme in den Himmel. Hier auf Erden haben aber manche mit dieser Himmelskönigin Maria auch so ihre Schwierigkeiten. Unter anderem gerade weil diese Frau oft so himmlisch und ab-gehoben wirkt. Maria, die Perfekte, die Jungfrau, diejenige, die Ja und Amen sagt zu dem, was Gott mit ihr vorhat, die mit dem großen blauen Mantel auf den Marienbildchen: Puh, so eine hat scheinbar mit dem Leben ganz normaler Leute, vor allem auch: ganz normaler Frauen wenig zu tun. Oder vielleicht doch?
Sie ist nie nur himmlisch gewesen, diese Maria. Eigentlich hatte sie immer auch viel Irdi-sches an sich: Immerhin hat sie diesen Jesus auf die Welt gebracht. Und die Kirchenge-lehrten früherer Jahrhunderte haben betont: Es ging bei dieser Geburt irdisch zu, mit Schweiß und Tränen und nicht ohne Schmerzen. Sie war keine Frau, die simsalabim ei-nen Gottessohn in der Krippe liegen hatte. Und Maria war auch keine, die immer nur Ja gesagt hat. In dem berühmten Lied, das von ihr in der Bibel überliefert ist, wird das ganz deutlich, im Magnificat. Da hört sich diese himmlische Königin an wie eine irdische Revo-lutionärin. Eine, die weiß, wie sich Armut und Ohnmacht anfühlen. Es heißt da: „Gott stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.“ (Lk 1,52-53) Das klingt nicht nur nach Ja-Sagerin, sondern auch nach einer großen Nein-Sagerin: Nein, es ist nicht gut, wenn Mächtige es sich gut gehen lassen auf Kosten anderer. Nein, es ist nicht gut, wenn manche ihr Essen verschwenden und andere gar nichts haben. Gott will das nicht. Er will, dass die Menschen sich für Gerechtigkeit einsetzen.
Ich denke mir: Maria ist wohl auch genau deswegen zur großen Himmelskönigin gewor-den: Weil sie verstanden hat: Gott interessiert sich für die Erde, für die Menschen hier unten. Und er will, dass sich auf Erden etwas ändert. Dass der Himmel hier schon an-fängt.
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