Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Der Alltag ist voller Wunder. Manchmal passieren sie sogar im Urlaub.
Wie an diesem schönen Sommerabend im Juli. Spät abends kam die Familie an, auf dem Campingplatz in Frankreich. Müde und geschafft von einer langen Fahrt. Sie wählten den Platz direkt neben uns und bauten ihr Zelt auf. Man sah es ihnen an: die Autofahrt, der Reisetag, steckte ihnen in den Knochen.
„Hey, Papa, guck mal, da sind zwei Kinder dabei und die sind deutsch!“, rief unsere 9 jährige Tochter und freute sich zusammen mit ihrer 10 jährigen Schwester riesig. Denn nun hatten sie auf dem Campingplatz Kinder in ihrem Alter in direkter Nachbarschaft, sogar welche, mit denen sie sich auch ohne Zeichensprache unterhalten konnten.
Am nächsten Morgen fuhr ich mit dem Fahrrad wie gewöhnlich in das kleine Dorf. In der alten Bäckerei gab es herrliches Baguette und leckere Croissants. Nachdem ich bezahlt hatte, schaute mich die französische Bäckersfrau mit ihren freundlichen braunen Augen an und fragte eigentümlich eindringlich, ob ich denn wirklich alles hätte. Ich zögerte kurz und sagte: „Heute bitte noch ein Baguette, sil vous plait“

Nach dem Aufstehen fanden unsere neuen Zeltnachbarn das schön in Papier eingepackte Baguette auf ihrem Campingtisch und freuten sich sehr. Als der Vater das Baguette auf seinem Tisch liegen sah, fragte er uns, wer denn wohl der gute Geist gewesen sei? Und ich antwortete: „Liebe Nachbarn, das Heinzelmännchen bleibt selbstverständlich unbenannt.“

Einige Tage später bekam unsere Tochter nachts hohes Fieber. Meine Frau und ich hatten alle Hände voll zu tun und an Schlaf war kaum zu denken. Am Morgen waren wir wie gerädert. Ich stand als erster auf, um das Frühstück zu bereiten. Als ich vor das Zelt trat, fand ich unseren Campingtisch schön gedeckt. Mit Tellern, Tassen, Marmelade und… einem frischen Baguette.
Unsere Nachbarsfamilie frühstückte bereits, winkte und lächelte mir zu.
Mir kam die Bibel in den Sinn: Da steht, dass sich die ersten Christengemeinden damit zu erkennen gaben, dass sie „einmütig beieinander waren. Sie brachen miteinander das Brot und hielten in Freude gemeinsam die Mahlzeiten.“
Wie wir da nebeneinander frühstückten auf dem Campingplatz… Ein Geschenk des Himmels. Ich bedankte mich sehr für das Brot und dann wollte ich es doch wissen. Ich rief: „Wo gibt es denn heute Brot zu kaufen im Dorf? Es ist doch Sonntag, da hat doch keine Bäckerei auf?“
Der Vater sah mich an und sagte schmunzelnd: „Liebe Nachbarn, der Bäcker bleibt selbstverständlich unbenannt.“
Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag.
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