SWR3 Gedanken

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Abraham war ein schlechter Vater. Ja, ein grausamer Vater. In der Bibel lese ich diese furchtbare Geschichte, wie er seinen Sohn Isaak opfern will Später hieß es, Gott selbst habe ihm das befohlen.

Immerhin: Abraham hat anscheinend Skrupel. Er erfindet Ausreden für seinen Sohn und beschwichtigt ihn, als er auf dem Weg zur Opferstätte anfängt, unangenehme Frage zu stellen. Aber Abraham reagiert nicht, wie ich es mir vorstellen würde. Er gerät nicht in
Zweifel, er fängt nicht an zu überlegen, ob das richtig ist, was er vorhat. Aufrütteln möchte
ich diesen Roboter. Das kann doch nicht sein. Abraham hätte seinen Sohn geopfert, davon
bin ich überzeugt. Er hätte, ja, hätte ihn ein Engel Gottes nicht zurückgehalten.

Was für ein Vater, der seinen Sohn opfert, denke ich. Aber auch: Was für ein Mann, der einfach nur das tut, was von ihm verlangt wird. Selbst wenn es größte Irrsinn ist.

Aber dann kommt mir noch ein andere Gedanke: Sind wir Männer nicht ziemlich leicht bereit zu solchem Irrsinn? Doch noch eine Überstunde, obwohl die Ehefrau schon längst im Bett ist. Arbeiten bis zum Zusammenbruch, obwohl der erste Herzinfarkt schon gewarnt hat. Und Kinder ins Bett bringen? Bin ich Hausmann oder was?
Ein Opfer ums andere. Für die Firma, damit das Haus abbezahlt wird, für das Ego, für die Karriere.
Da wird Abraham für mich eine Warnung: So will ich es nicht! Ich will nicht nur reagieren auf irgendwelche Anforderungen, die mir jemand stellt. Und wenn ich selbst nicht merke, was ich da tue, wünsche ich mir jemanden, der mich zurückhält. Damit ich nicht für irgendeinen
Irrsinn das opfere, was ich am meisten liebe.
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