SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Um gut leben zu können, braucht man eine hohe Frustrationstoleranz. Das lehrt einen die Psychologie. Frustrationstoleranz heißt: Ich bin nicht gleich frustriert, wenn ich nicht das kriege, was ich will. Ich kann das aushalten und trotzdem zufrieden sein.

So wie Frau Klöpfer. Sie erzählt von sich und ihrem Leben. Vom ersten Mann, den sie früh verloren hat, vom zweiten Mann, der vor Jahren plötzlich neben ihr starb. Von ihren Kindern, die Ihr Freude, aber auch Kummer bereiten. Als ich gehe, regnet es. Da sagt sie zu mir:
Naja, nur wenn es immer mal wieder regnet, kann auch etwas wachsen.“ Und nachdenklich fügt sie hinzu: „So ist es auch im Leben.“

„Nur wenn es auch immer mal wieder regnet, kann etwas wachsen.“ Mich hat dieser Satz
nicht losgelassen. Vielleicht, weil es darin um mehr geht als um Frustrationstoleranz: Es
geht ums Wachsen.
Mir macht dieser Satz Mut, das Schwere und Schwierige anzunehmen und es durchzuhalten. Denn gerade daran kann ich größer und stärker werden. Was vorher eine Knospe war, wird
zu einer schönen bunten Blume. Was ein Samenkorn war, wird zu einer reifen Frucht. So
steht es auch in der Bibel. Da wird beschrieben, wie ein Samenkorn in die Erde gelegt wird
und stirbt - dass dabei aber neues Leben wird.

An Frau Klöpfer, finde ich, kann man das sehen: Sie ist an ihren Erlebnissen gewachsen.
Nicht nur an den guten, sondern auch und gerade an den schmerzhaften. Beim Gehen sage
ich zu ihr: „Ich habe den Eindruck, bei ihnen ist viel gewachsen.“ „Ach“ antwortet sie, „Ich
bin zufrieden!“ Ich finde, etwas Besseres kann man nicht sagen.
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