SWR3 Gedanken

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Die alte Frau drückt den Klingelknopf. Sie muß auf die Toilette. Alleine schafft sie es nicht mehr. Aber zum Glück gibt es ja eine nette Schwester. Die betritt nur wenig später das Zimmer und ... ab jetzt läuft die Zeit! „Was gibt es denn?“ „Ich müßte auf Toilette.“ Zwei Sätze und schon sind die ersten 30 Sekunden abgelaufen. Die Schwester richtet die alte Frau auf, hilft ihr auf die Beine, führt sie zur Toilette. 1 Minute fünfundvierzig. Hinsetzen. Schnell die Zeit nutzen und das Bett machen, denn die Stoppuhr pausiert. „Ich bin fertig“, ruft die alte Dame. Ab jetzt läuft die Zeit wieder. Toilettenpapier greifen, die Frau säubern. Vier Minuten sind rum. Aufhelfen, zurück zum Bett bringen. 5 Minuten 38 Sekunden. Gerade noch rechtzeitig. Denn 6 Minuten ist die Vorgabe der Pflegekassen. Maximal sechs Minuten dürfen für Stuhlgang mit Reinigung aufgewandt werden. Gibt es nicht? Gibt es doch! Als Vorgabe der Pflegekassen wie es abzulaufen hat, damit es nicht zu teuer wird.
Was das heißt haben Sie gerade gehört. Deshalb protestiert der Caritasverband der Diözese Speyer auch energisch gegen diese menschenverachtenden Vorgaben. Selbstverständlich wird in Altenheimen der Caritas nicht mit der Stoppuhr in der Hand gepflegt. Schwestern und Pfleger reden mit den Senioren, nehmen sich Zeit und versuchen Nächstenliebe zu leben. Aber Menschlichkeit wollen die Pflegekassen nicht bezahlen, sondern nur Reinigungsarbeiten am Körper. Die Caritas sagt nein! Und es wäre toll, wenn sie dabei öffentlich unterstützt wird. Wenn ganz viele sagen: Menschlichkeit muss auch von den Pflegekassen honoriert werden. Auch wenn das ein bißchen teurer ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=4124
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