SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Letzter Einkaufstag vor dem Fest: Sind die Wunschzettel schon abgearbeitet, die Geschenke per Post unterwegs oder im Schrank? Dann kann Weihnachten kommen!
Oder fehlt noch was? Das berühmte Adventslied von Paul Gerhardt stellt eine irritierende Frage: sanft – nachdrücklich und tiefgründig:

„Wie soll ich dich empfangen - und wie begegn ich dich dir...?“

„Wie soll ich dich empfangen...“ fragt mich: wie aufnahmebereit bin ich für Christus, für sein Kommen in diese Welt?
Wie bin ich darauf eingestellt, dass Gott nicht nur im Himmel, sondern auf Erden eine Spur hinterlässt – ja, dass er selber zur Welt kommt – sich Menschen als Mensch zugesellt? Wie empfänglich bin ich dafür? Wie offen bin ich für Christus, der die Tür zum Paradies wieder aufschließt?
Will ich überhaupt, dass „Fried und Freude lachen“ wie es im Leid heißt – oder gehöre ich zum Heer „der Hochbetrübten“ von denen Paul Gerhardt dichtet: „bei denen Gram und Schmerze sich häuft je mehr und mehr.“ Von denen hatte Paul Gerhardt viele vor Augen – und er kannte ihre Not - da er dieses Lied dichtete – 1653 - nach dreißig Jahren Krieg und gerade einmal 5 Jahren Frieden.

Wie soll ich dich empfangen und wie begegn ich dir,
O aller Welt Verlangen, o, meiner Seelen Zier...!

„O aller Welt Verlangen“ - Paul Gerhardt glaubt tatsächlich: Wo dieses Kind Gottes aufgenommen wird, da könnte daraus ein Schritt zu Lösung globaler Probleme werden. Weil Jesus mir ein neues Licht aufsetzen kann, mich in Bewegung bringt, mich fragen lässt, was der Welt und anderen Menschen gut tut. Nämlich saubere Luft und genießbares Wasser, fruchtbare Böden – ein Auskommen für alle, und Frieden, damit Menschen ihre Fähigkeiten entfalten können. Manchmal, so scheint es, haben wir Menschen auch das vergessen. Gegen diese Umnachtung erhebt Paul Gerhardt die Stimme und bittet um eben diese Erleuchtung:

„O Jesu, Jesu setze, // mir selbst die Fackel bei,
damit, was dich ergötze, mir kund und wissend sei.“

Die zweite Strophe gibt übrigens noch eine kleine Anleitung für diese Festvorbereitung: Der Liederdichter rät, wie könnte es anders sein – zum Singen.
Mit einer merkwürdigen Pointe: „Ich will dir mit Psalmen – ermuntern meinen Sinn.“ Lieder zum Lob Gottes – sind offenbar zugleich Lieder zur eigenen Ermunterung. Dann „grünt dir mein Herz“ dichtet Paul Gerhardt. Ich selber spüre, wie mich Lieder ermuntern, mich im besten Sinn auf das Fest einstimmen: gepfiffen, gesummt oder gesungen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=412
weiterlesen...