SWR3 Gedanken

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Sie sitzt gerade an ihrem Schreibtisch und arbeitet für einen Fernsehbeitrag. Plötzlich fliegt die Bürotür auf: Mehrere Männer treten ein und bauen sich wie Schränke vor Ihr auf: „Bitte kommen Sie mit.“ „Wohin?“ Keine Antwort. Aber die Beulen in den Jacken machen deutlich, dass Widerspruch zwecklos ist. Eine Filmszene?
Leider nein. Vor zwei Monaten ist genau das Jamyang Kyi passiert. Sie lebt in Tibet und ist Musikerin und Schriftstellerin. Außerdem arbeitet sie für das staatliche Fernsehen. Vier Alben hat sie bereits herausgebracht. Auf ihnen verbindet sie modernen Pop mit traditioneller tibetischer Musik. Dabei geht es allerdings nicht um Politik, sondern um Frauenthemen. Warum sie trotzdem von chinesischen Polizisten verhaftet wird? 2006 war sie auf Tournee in den USA. Zu ihren Zuhörern zählten auch Exil-Tibeter. Das scheint für eine Verhaftung genügt zu haben. Amnesty international hat aufgerufen, an die Verantwortlichen zu schreiben. An den chinesischen Polizeichef vor Ort, an den Gouverneur. Und auch an den Ministerpräsidenten von China. Man soll nachfragen, warum Jamyang Kyi verhaftet wurde, wo sie gefangengehalten wird, was man ihr vorwirft.
Amnesty international hat nicht dazu aufgerufen, deshalb die Olympischen Spiele in China zu boykottieren.
Weil das nichts bringt. Und weil die Sportler nichts für die Politik der Regierung können.
Ich habe auch geschrieben. An den Ministerpräsidenten. Weil ich es nicht hinnehme, wenn Menschenrechte mit Füssen getreten werden. Und weil ich mich als Christ gezielt für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen will. Auf die Olympischen Spiele freue ich mich trotzdem, obwohl meine Freude deutlich größer wäre, wenn Jamyang Kyi dann schon wieder frei wäre.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=4119
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