Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Mais und anderes Getreide, das noch nicht einmal ausgesät, geschweige denn gewachsen und geerntet ist, wird heute schon an den Börsen gehandelt. Das wusste ich bis jetzt noch nicht. Erst die Meldungen von einer weltweiten Nahrungsmittelkrise haben das einer breiteren Öffentlich bekannt gemacht. Nahrungsmittel sind Spekulationsobjekte, der deutsche Milchbauer bekommt zu wenig für die Milch seiner Kühe und der afrikanische Geflügelzüchter isst seine letzten Hühner selbst auf, denn die Importe aus den Industrieländern sind konkurrenzlos billig. All das führt beim deutschen Normaleinkäufer zunächst zu einem hilflosen Achselzucken. Klar, auch hier wird alles teurer, aber was soll man machen? Zu komplex und hoch kompliziert sind die Mechanismen des Welthandels, der Politik, der Börse. Der Einzelne ist machtlos, und auch wenn eine ganze Gesellschaft erkennt, dass sie auf dem falschen Weg ist, kann sie den Dampfer nicht von heute auf morgen herum drehen. Eine Sache aber kann ich sofort tun: Lebensmittel nicht mehr als ein ganz gewöhnliches Produkt ansehen, sondern als etwas Besonderes. Aus meiner Kindheit habe ich ein Bild im Kopf: Meine Mutter hat immer ein Kreuz über den Brotlaib geschlagen, bevor sie ihn anschnitt. Das hatte sie von ihrer Mutter übernommen und die von ihrer. Es war ein ganz kurzes, stummes Gebet, dass aber viel besagte: Gott ich danke dir, dass ich etwas zu essen habe. Ich danke dir, dass die Ernte gut war. Ich danke dir, dass viele Menschen dafür sorgen, dass aus dem Korn dieses Brot wird, und das auch bei mir ankommt. Lebensmittel sind etwas Besonderes, auch wenn ich sie im Supermarkt kaufe, auch wenn sie in der Fabrik hergestellt wurden. Jedes Brötchen, jeder Jogurt und jede Currywurst sind Früchte der Schöpfung und der menschlichen Arbeit. Für unsere Eltern war der Laib Brot noch etwas Besonderes, Gesegnetes, ja etwas Heiliges. Wenn davon nur ein klein wenig auf unseren Alltag abfärben würde, das wäre ein guter Schritt hin auf den richtigen Umgang mit unseren Lebensmitteln. https://www.kirche-im-swr.de/?m=4092
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