Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Wir wollten doch nur alles richtig machen.“
Es klingt so normal, was die 24-jährige dunkelhaarige Frau sagt. Aber ihre Geschichte ist alles andere als normal. Vor dem Schweriner Landgericht hat sie gestanden, ihre 5-jährige Tochter Lea-Sophie vernachlässigt zu haben. Lea- Sophie ist im vergangenen November an den Folgen von Unterernährung und Vernachlässigung gestorben.
Wie ist das möglich? Eine Mutter, die ihr eigenes Kind verhungern lässt? Viele waren tief erschüttert. Ich habe versucht, die Geschichte zu verstehen. Habe gelesen von der schwierigen Kindheit der Frau, ihre finanzielle Abhängigkeit von den Adoptiveltern, die Arbeitslosigkeit und der schleichende Rückzug der kleinen Familie vom sozialen Umfeld. Kennt man ja von anderen, ähnlichen Familientragödien. Der eine Satz hat mich beschäftigt.
„Wir wollten doch nur alles richtig machen.“
Das war kein Monster. Die junge Frau hatte Ansprüche an sich. Sie wollte es gut machen. Wenigstens als Mutter. Aber der Gedanke, hier auch noch zu scheitern, die Scham darüber war ihr so unerträglich, dass sie nichts mehr sehen, nichts mehr fühlen wollte vom Leid ihrer Tochter.
Du musst nicht alles richtig machen. Du darfst auch Fehler machen und wir helfen dir, es wieder gut zu machen. Ob die junge Frau das als Kind mal gehört hat?
Und als Erwachsene wo kriegen wir das zu hören: Du hast zwar nicht gebracht, was du bringen solltest, aber du gehörst trotzdem dazu. Und bekommst eine neue Chance. Wo erfahren wir das?
Jesus hat ja doch keine Gemeinschaft der Fehlerlosen gegründet. Er hat sich gerade um die gekümmert, die an sich selber und am Leben gescheitert sind.
Ich weiß, das ist nicht einfach, sich einzugestehen, wenn was nicht so gut gelaufen ist. Und den Fehler der Anderen auszuhalten, ihn nicht ständig aufs Butterbrot zu schmieren. Sondern zu sagen: Auf ein Neues.
Aber- ich freue mich jeden Morgen an denen, die mich sein lassen, wie ich bin. Mit allem, was ich nicht richtig gemacht habe. Jeden Morgen freue ich mich an denen, die anderen ihre Würde lassen und nicht den Stab über sie brechen. Auch wenn sie so schlimme Dinge getan haben wie die Mutter von Lea- Sophie.
Jeden Morgen will ich daran glauben, dass Gottes Liebe allemal größer ist als die Macht unserer Fehler.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=4032
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