SWR2 Wort zum Tag

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Wann endet der Ernst des Lebens? Und wie schafft man es, dass er gut endet? Als Mann vor allem.
Als Junge ich oft gehört: „Jetzt beginnt der „Ernst des Lebens“. Es klang immer ein wenig nach Drohung. Als ich mit der viel zu großen Schultüte losgezogen bin, dann bei der Konfirmation und beim Eintritt in den Beruf. „Jetzt beginnt der Ernst des Lebens.“ Wenn der Ernst beginnt, dann ist es vorbei mit dem Spiel der Kindheit und mit der Freiheit der Jugend. Stattdessen Druck und Konkurrenz.
Aber wenn er dann enden soll, der Ernst des Lebens, ist er vielen Männern so vertraut und wichtig, dass es ein Ende zur Unzeit scheint. Ich kenne einen Seniorchef, deutlich über 70. Er kann die Führung im Unternehmen nicht abgeben. Dass er mit seinem Führungsstil das Klima in der Firma auch belastet, übersieht er. Der Sinn des Lebens hängt für ihn am Ernst des Lebens. Dass er enden könnte, bedeutet für ihn Verlust.
Aber vielleicht könnte dieses Ende auch ein Gewinn sein. Eine Chance, dass wieder mehr Spiel und mehr Freiheit ins Leben kommen.
Dazu könnte helfen, wenn mann den Eintritt in die dritte Lebensphase bewusst gestaltet. Sich ausdrücklich vom Ernst entpflichtet. Und ihn weiterreicht an die jüngere Generation.
In der Bibel gibt es eine Geschichte, da wird erzählt wie sogar einer der ganz großen Patriarchen das macht.
Jakob ist schon alt, aber immer noch der unumstrittene Chef des Familienclans. Eine Hungersnot bedroht das Leben, er schickt seine erwachsenen Söhne nach Ägypten, Getreide zu kaufen. Er behält noch das Zepter in der Hand. Bis zu diesem Moment, als die ganze Sippe nach Ägypten auswandert. Da übernimmt der alte Herr auf einmal eine neue Rolle:
Jakob reicht weiter, was bisher auf ihm lag: Den Segen Gottes, sein Wissen, die Verantwortungskraft, die er von Gott bekommen hatte. Von der die Großfamilie gelebt hat. Jetzt ist seine vornehmste Aufgabe, weiter zu reichen.
Aus dem Macher wird der Ratgeber. Jakob gestaltet das ganz bewusst. Er ruft seine Kinder und Enkel zu sich. Legt ihnen die Hände auf, überträgt ihnen das Erbe. Und er fügt hinzu den Zuspruch, dass er ihnen das zutraut, mit Gottes Hilfe. Damit liegt auch der Ernst des Lebens auf den folgenden Generationen. Und Jakob kann seine letzten Jahre anders leben. Befreit vom Druck der Verantwortung.
Vielleicht könnte das heute ähnlich gehen: Dass man sich vom Ernst des Lebens befreit, indem man bewusst Verantwortung weiterreicht und den Jungen sagt: Ich trau es Euch zu und Gott auch. https://www.kirche-im-swr.de/?m=4022
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