SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Kennen Sie das Gefühl, Zeit zu haben? Für mich sind das eher seltene Momente.
Schon am frühen Morgen fällt mir eine ganze Liste von Dingen ein, die ich heute noch zu erledigen habe. Der Tag sollte 48 Stunden haben! Ob es dann anders wäre..?
Ich hätte gerne mehr Zeit. Zeit, um nicht nur zu funktionieren, sondern um zu mir zu kommen und um wirklich beim anderen anzukommen. Zeit, mich in Dinge zu vertiefen, Gedanken nachzuhängen, etwas mit Muße zu tun....
Aber da ist immer zugleich das Gefühl: ich muss mich beeilen, schnell noch dies und das erledigen....

„Sich Zeit nehmen
Und woher?
Sollte die Endlichkeit
Tatsächlich so im Überfluß leben?“

Dieses kleine Gedicht von Wolfdietrich Schnurre stellt eine Frage, die irritiert:. „Sollte die Endlichkeit / Tatsächlich so im Überfluß leben?“
Zeit ist endlich und wir messen sie in Tagen, Stunden, Minuten und Sekunden, damit nichts von dieser kostbaren Zeit unnütz verloren geht. Die Sanduhr wurde zum Inbegriff der unaufhaltsam verrinnenden Zeit: irgendwann ist das Glas leer und die Zeit zu Ende. Daher ist es so schwer, sich Zeit zu nehmen. Weil wir die Zeit gerade nicht im Überfluß haben.

Aber ist das wirklich der einzig mögliche Umgang mit dem Phänomen „Zeit“?

Wenn ich mich morgens über die ersten Sonnenstrahlen freue, wenn ich das belebende Wasser auf meiner Haut spüre, wenn der Kaffeeduft die Wohnung
erfüllt, kann ich auch in diese kleinen Erfahrungen eintauchen und innehalten. Dann ist die Zeit nicht mehr das drängende Tik-Tak außer mir. Dann kann ich ahnen, dass Zeit – auch meine bemessene Zeit – ein Geschenk ist aus der Unendlichkeit und dem Überfluß der Ewigkeit Gottes. In seiner Ewigkeit ist alles aufgehoben, was ist und was geschieht. Nichts kann verloren gehen. In dieses Vertrauen kann ich mich einüben, wenn ich ein, zwei Atemzüge lang alles bewusst wahrnehme und mich entschleunige.

„Meine Zeit, Herr, steht in deinen Hände, denn Du gabst sie mir.
Du Herr bist doch der Zeiten Anfang und ihr Ende. Ich vertraue Dir.“

Für mich ist das eine wirksame Methode, aus dem Hamsterrad der Geschäftigkeit auszubrechen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=4013
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