SWR2 Wort zum Tag

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Gott und Mensch – sie brauchen einander. Der Mensch braucht Gott, für den Gläubigen jedenfalls ist das klar. Aber wie ist es mit Gott? Ist Gott auf menschliche Hilfe, ja Unterstützung angewiesen?
Es gibt eine etwas skurrile Gestalt in der Geschichte, die bei dieser Frage weiterhilft. Ich meine den Einsiedler Longinos, der über erstaunliche Gaben verfügte, aber nichts so sehr hasste wie den Rummel um seine Person. Zahllose Menschen suchten bei ihm Rat und Hilfe. So wird erzählt, dass eine kranke Frau ihn aufsuchen wollte, als der gerade am Meer entlang Brennholz sammelte. Sie erkannte ihn nicht und fragte ihn: Sagt mir, wo finde ich den Altvater Longinos, den Diener Gottes? Longinos aber sagte barsch: Was willst du von diesem Schwindler? Die Frau erzählte ihm von ihren Leiden. Er legte das Holz beiseite, zeichnete die Frau mit dem Kreuz und entließ sie mit den Worten: Geh jetzt deines Weges, Gott wird dich heilen, wenn er es will. Denn Longinos, der kann dir nicht helfen.
Die Frau gehorchte dem Alten und ging. Sie wurde gesund.
Es gibt begabte, ja charismatische Persönlichkeiten, die große Hoffnungen und Erwartungen wecken. Ich denken an Barak Obama, den US-Präsidentschaftskandidaten. Aber auch Unternehmer, Ärzte und Geistliche können in die Situation kommen, wo Menschen eine Hilfe von ihnen erwarten, die menschliche Möglichkeiten übersteigt.
Es ist eine Ehre, wenn solche Erwartungen an einen herangetragen werden, manchmal vielleicht ein Kitzel, eine Versuchung. Aber ich sehe hier Gott im Spiel. Gott braucht menschliche Mittäter, und keineswegs nur Hochbegabte, auch nicht nur die Gläubigen. Er braucht Menschen, die bereit sind, ihn bei seiner Arbeit zu unterstützen.
Sie machen andere gesund. Sie helfen mit ihrem Geld. Sie trösten andere durch ihr Wort, sie arbeiten in sozialen Berufen – oder treffen politische Entscheidungen. Auch Menschen, die für andere beten, gehören für mich dazu.
Gott möchte mit Menschen zusammenarbeiten, er möchte durch menschliche Kräfte Gutes bewirken.
Und es gibt sie, diese Mittäter Gottes – ob sie nun im Rampenlicht stehen oder dieses scheuen – wie Longinos.
Wichtig ist, dass sie ihre Kräfte und Gaben zur Verfügung stellen.
Denn das tut Not und das macht Sinn.



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