SWR3 Gedanken

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Da steht schon wieder einer! So ein Steinhaufen. Was sollen die vielen Steine, die da übereinandergeschichtet sind?
Es ist so: Wer sich Sorgen macht, dass der Jakobsweg nach Santiago de Compostela nicht gut genug ausgeschildert ist, kann ganz beruhigt sein: hier kann sich niemand ver-laufen. Das Zeichen der Muschel, das Zeichen für den Jakobsweg findet man überall: gel-be Muschelkacheln an Hauswänden, graue Muscheln im Asphalt oder so ein Meilenstein mit gelber Muschel auf blauem Grund.
Und auf diesen Meilensteinen mit Muschel haben viele ihren Stein noch oben draufgelegt. So dass der Meilenstein einen Steinhaufen auf sich sitzen hat.
Und was es mit diesem Steinhaufen auf sich hat, hat mir Niklas erklärt.
Niklas ist 27 Jahre alt, grundsympathisch und kommt aus Dänemark.
“Manchmal“, erklärt mir Niklas beim Wandern, „manchmal, wenn man so einsam stun-denlang, kilometerweit vor sich hingeht, kommen einem Sorgen, Ärger, dunkle Gedanken hoch.
Dann nimmt man einen Stein, geht mit ihm ein Stück, vertraut ihm diese Sorgen an und wenn man dann an so einen Muschelmeilenstein kommt, dann legt man den Stein samt den Sorgen, dem Ärger, den dunklen Gedanken dort einfach ab.“
„Und du meinst wirklich, das funktioniert?“ frage ich Niklas.
Niklas lächelt schräg: ‚Ich hab’s ausprobiert, es klappt!’
Ich gucke Niklas an, ich gucke die Steine an: Wie schwer müssen diese Steine wohl sein – voll von Sorgen. Aber doch abgelegt auf dem Weg. Wie viel leichter wird derjenige, der seine Sorgen auf diesen Steinsorgenhaufen gelegt hat, weitergegangen sein?

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