Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Eine Szene am Speyerer Weihnachtsmarkt: Besucher warten auf den Stadtbus. Er kommt, die Türen gehen auf – und von innen schallt ihnen ein fröhliches „Nur hereinspaziert!“ entgegen. Manche wundern sich, andere freuen sich, weil sie diese freundliche Begrüßung schon kennen. Denn der Busfahrer, Abdulhafid Chigannou, sagt auch sonst oft ein paar einladende Worte, wenn er an der Haltestelle die Türen aufmacht.
Ich freue mich immer, wenn ich mit Abdulhafid fahre. Er lenkt öfter das Shuttle, das zwischen dem Bahnhof und dem Rhein hin- und herfährt, durch die ganze Hauptstraße und am Dom vorbei.
Abdulhafid hat seine ganz eigene Art. Natürlich fährt er sicher und verkauft schnell die richtige Fahrkarte. Doch bekommen die Fahrgäste noch mehr von ihm.
Er hat immer einen Scherz auf den Lippen. Und mit Engelsgeduld erteilt er Auskünfte, wenn Fahrgäste etwas langsamer im Verstehen sind – und oft ruft er den Leuten dann noch etwas Liebes nach, wenn sie zu ihrem Platz gehen. Mit einem „Achtung, wir starten!“ weist er dezent darauf hin, dass man sich beim Anfahren am besten ein wenig festhält. Und wenn er sieht, dass in der Fußgängerzone Frauen zum Einkaufen aussteigen, dann verabschiedet er sie entsprechend: „So, meine Damen, jetzt können Sie aussteigen. Und viel Spaß beim Geldausgeben!“
Mit solchen Bemerkungen und mit der Haltung, die dahintersteckt, verbreitet Abdulhafid eine ganz eigene, gelöste Stimmung im Bus. Manchmal lachen die Leute oder lächeln einander zu. Seine Art tut ihnen gut. Man spürt, dass Abdulhafid von ganzem Herzen Busfahrer ist – und: dass er die Menschen mag. Das strahlt er aus, schon vor jedem Späßchen, mit dem er die Fahrgäste aufmuntert. Er hat ein einladendes Wesen, ein Gespür für die Beziehung zu Menschen und einen Sinn für Gemeinschaft.
Ich habe ihn mal gefragt, woher er stamme. Aus Marokko, hat er mir mit strahlenden Augen gesagt. Von meinen Besuchen in südlichen, arabischen Ländern weiß ich aus eigener Erfahrung, dass deren Bewohner einen ausgeprägten Sinn für die Würde des Menschen haben und dass sie die Gemeinschaft und Gastfreundschaft hochschätzen.
Es ist eine Bereicherung für uns, dass Menschen wie Abdulhafid bei uns leben und arbeiten. Wir profitieren von so manchem ausländischen Mitbürger und von den Schätzen seiner Kultur und Mentalität. Und es tut unserer Gesellschaft gut, wenn etwas davon auf uns abfärbt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=389
weiterlesen...