SWR3 Gedanken

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Wenn die „Jugend der Welt“ in Peking bald um olympische Medaillen kämpft, darf wieder gerätselt werden, wer der sportlichen Höchstleistung zuvor ein wenig nachgeholfen hat. Ein früherer Radrennfahrer, der bei uns zu Gast war, erklärte es einmal so. Wer in seinem Sport nicht dopte, hatte keine Chance vorne mitzufahren. Und wer nicht vorne mitfährt, der bekommt Probleme, mit seinem Rennstall, mit den Sponsoren, mit miesen Kritiken und so fort. Das Volk will Helden feiern, Übermenschen, der Rest ist wenig interessant. Übrigens nicht nur im Leistungssport. An einigen US-Universitäten soll schon jeder vierte Student Substanzen schlucken, die die Schlafdauer reduzieren und gleichzeitig die körperliche Leistung steigern. Nächtelanges Lernen, oft bis zum Umfallen, wird so möglich.
Das schneller, höher, weiter, den gnadenlosen Wettkampf um den Besten, Agilsten und Leistungsfähigsten haben wir alle längst verinnerlicht. Die Ausleseregeln der Evolution sind Mainstream, von den Grundschulen bis hinauf in die Chefetagen. Im Fernsehen sogar Programm geworden in immer neuen, lächerlichen Castingshows.
Mag sein, dass das schon mitgemeint war, als Gott zum ersten Menschen sagte: Macht euch die Erde untertan. Will ja heißen: Setzt alles ein, was ihr an Fähigkeiten geschenkt bekommen habt, um das Optimale herauszuholen. Dummerweise nur hat uns Gott aus irgendeinem Grund nicht vollkommen gemacht, auch wenn wir es so gerne hätten. Mit dieser Spannung müssen wir leben. Was dabei manchmal ganz hilfreich wäre: Eine Portion Demut und mehr Gelassenheit beim Ertragen der Unvollkommenheit – bei sich selbst und bei anderen.
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