SWR3 Gedanken

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Wenn frische Milch aus dicken Schläuchen direkt in den Gullydeckel läuft, sind das immer noch Bilder, die verstören. Warum eigentlich? Wirkt da vielleicht tief im Innern die Mahnung unserer Eltern nach, mit dem Essen spiele man nicht? Dämmert da vielleicht was, dass Milch, Obst oder Getreide doch mehr sein könnten als bloße Handelsware? Inzwischen wird ja nicht nur Milch unter dem Herstellungspreis verramscht. Auch Brot wird zu Preisen verschleudert, die die Frage nahe legen, was sich da eigentlich in der Plastiktüte befindet. Nächste Woche gibt’s dann beim Discounter die nächsten Tiefpreisknaller, zumeist wieder bei Lebensmitteln. Natürlich ist es wichtig, dass sich Menschen mit Minieinkommen eine akzeptable Ernährung leisten können. Aber unsere elementarsten Mittel zum Leben, Milch, Gemüse oder Fleisch, sind vielfach zur Massenramschware verkommen. Zum Frust der Erzeuger und zur Freude der Schnäppchenjäger.
Dabei gab es mal so etwas wie eine gewisse Ehrfurcht vor Lebensmitteln, als sie noch knapper und nicht zu jeder Zeit verfügbar waren. Das ist auch bei uns noch gar nicht so lange her und die blasse Erinnerung daran steckt wohl noch in manchen von uns. Sie klingt auch an, wenn wir im Vaterunser um das tägliche Brot für heute bitten. Zugegeben: Wenn ich heute im Supermarkt die Qual der Wahl habe zwischen 30 Sorten Brot oder hundert Sorten Käse, dann bleibt so etwas wie Ehrfurcht ziemlich schnell auf der Strecke. Der Begriff, so scheint es, hat im Überfluss einfach keinen Platz mehr. Vielleicht ist es ja gar nicht so schlecht, wenn das Milchregal im Supermarkt tatsächlich mal zeitweise leer bleibt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=3860
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