SWR3 Gedanken

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Auf einer Messe in Düsseldorf wurde jetzt ein neuartiger Anzug vorgestellt. Er sieht ein bisschen aus wie ein Astronauten-Overall mit Helm und heißt „Age Explorer“, also Alters-Erforscher. Man soll sich darin fühlen wie mit Mitte 70. An den Gelenken ist der Anzug mit Gewichten beschwert, weil Senioren oft nicht mehr so beweglich sind und weniger Kraft haben. Außerdem nehmen sie Farben anders wahr und können nicht mehr so gut sehen. Deshalb der Helm mit eingeschränktem Sichtfeld und getöntem Visier.
Und wozu das Ganze? Mit dem „Age Explorer“ untersuchen Marktforscher, wie ältere Menschen in unserer Welt zurecht kommen. Wenn Senioren mit dem Bus fahren oder in den Supermarkt gehen, dann haben sie oft mit Kleinigkeiten zu kämpfen, die Jüngeren gar nicht auffallen: Hohe Trittbretter, kleine Schrift, komplizierte Verpackungen. Mit dem „Age-Explorer“ werden Forscher auf die Probleme der älteren Generation aufmerksam und können darauf reagieren.
Wäre ja praktisch, wenn es so einen Anzug nicht nur zur Senioren-Erforschung gäbe, sondern für alle möglichen Menschen: dann könnte ich zum Beispiel erfahren, wie Kranke oder Behinderte in unserer Welt zurecht kommen. Vielleicht ja auch, was mein Chef oder meine Arbeitskollegen fühlen. Dann hätte ich mit so einem Overall bestimmt schon einigen Ärger und Missverständnisse vermeiden können. Denn wenn ich weiß, was jemand fühlt, kann ich besser auf seine Bedürfnisse reagieren.
Aber solche Anzüge gibt es leider noch nicht. Wenn ich die Welt der anderen Menschen verstehen will, dann muss ich mich in sie hineinfühlen. Und das kostet mehr Mühe, als in einen Overall zu schlüpfen. Aber – die Mühe lohnt sich. https://www.kirche-im-swr.de/?m=3772
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