SWR3 Gedanken

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Die Tüftler vom Chaos Computer Club Hamburg sind irgendwie an den Fingerabdruck von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble gekommen. Sie haben ihn auf Klebefolie gezogen und mit der Monatszeitschrift an alle Club-Mitglieder verteilt. Wer sich die Folie über den eigenen Finger klebt, soll sich an elektronischen Finger-Scannern als Bundesinnenminister ausgeben können. Das ganze ist ein Protest gegen die Speicherung biometrischer Daten.
„Wie du mir, so ich dir“, haben sich die Computer-Hacker wohl gedacht. Der Schäuble will unsere Fingerabdrücke, dann bekommen wir auch seinen. Und wenn ich ehrlich bin, handle ich auch ganz schön oft nach diesem Prinzip. Steht ja sogar schon im Alten Testament. Dort heißt es wörtlich: „Auge um Auge, Zahn um Zahn.“ Also: Du darfst einem andern das antun, was er Dir angetan hat.
Hört sich eigentlich ganz logisch und konsequent an. Allerdings gehen nicht alle so kreativ mit dem Satz um wie der Chaos Computer Club. Auge um Auge, Zahn um Zahn – das kann auch ganz schön grausam sein. Und tatsächlich wurde dieser Satz immer wieder missbraucht, um Racheakte zu rechtfertigen. Von der Blutrache bis zur Todesstrafe.
Dabei ist dieses biblische Rechtsprinzip eigentlich entstanden, um übermäßige Grausamkeiten zu verhindern. In der damaligen Zeit war es nämlich üblich, dass eine Rache schlimmer ausfiel als das eigentliche Verbrechen. Das hat immer wieder zu langen und blutigen Fehden geführt.
„Auge um Auge“ - dieses Prinzip fordert eigentlich, Rache zu begrenzen, zu mäßigen. Wenn ich heute nach diesem biblischen Prinzip leben will, dann sollte ich meine Rachegelüste also runterschrauben. Oder schauen, ob mir noch was Besseres einfällt als: Wie du mir, so ich dir.

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