SWR3 Gedanken

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Fronleichnam ist ein Feiertag, der evangelische und katholische Christen trennt. Luther hat dieses Fest als das „allerschändlichste“ bezeichnet hat. Er mochte keine Prozessionen. Gott könne man damit sowieso nicht erpressen.
Tatsächlich ist mir Fronleichnam auch etwas fremd. Bei diesem Fest wird eine geweihte Hostie, also das Abendmahlsbrot, das für den Leib Jesu steht, durch die Stadt oder über die Felder getragen. Oft in einer so genannten Monstranz. Dass sieht dann so aus, als würde der Priester ein sehr wertvolles – weil meistens vergoldetes –Demoplakat durch die Gegend tragen. In manchen Gegenden werden zu diesem Fest auf der Wegstrecke große Blumenbilder mit biblischen Motiven gelegt. Da entstehen oft ganz kunstvolle Bilder.
Für Katholiken ist es nämlich, so dass eine geweihte Hostie und der Wein des Abendmahls nicht nur ein Symbol für Jesu Leib und Blut sind, sondern es wirklich auch sind. Und einmal geweiht bleiben Brot und Wein auch Leib und Blut. Deshalb gehen Katholiken auch sehr vorsichtig mit geweihtem Brot und Wein um. Wenn sie also durch die Stadt oder durch die Felder gehen, dann nehmen sie sozusagen ein Stück vom Leib Christi selbst mit.
Für mich als Evangelischen hört sich das dann allerdings ein bisschen so an, als ob man Gott für einen Tag im Jahr aus der Kirche heraus in die Welt holt. Sonst bleibt Gott schön säuberlich in der Kirche.
Dabei ist Gott ja nicht nur in der Kirche anzutreffen und muss einmal im Jahr raus. Aber vielleicht ist es ja auch gerade das:
Fronleichnam ist nicht nur eine Prozessione, es ist eine Demonstration dafür, dass Gott eben nicht im stillen Kämmerchen der Kirche bleibt. Bei der Prozession wird noch einmal daran erinnert: Gott ist nicht in der Kirche und belibt da, sondern er ist in der Welt, er gehört in die Welt. Und das eint Evangelische und Katholiken.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3697
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